ISG-Schmerzen und ISG-Blockade behandeln

Ist das Iliosakralgelenk blockiert oder sogar entzündet, sind Rückenschmerzen die Folge. Woher kommen ISG-Schmerzen und was hilft? Wir geben Antworten.

Rehmesmee Gojowy

7 Min. Lesezeit · Mrz 5, 2024

Eine Frau steht draußen auf einer Brücke. Man sieht sie von hinten. Sie fasst sich in den unteren Rücken. Ihre Haltung zeigt, dass sie Schmerzen hat.

Das Iliosakralgelenk (ISG) ist eine Schlüsselkomponente unseres Bewegungsapparates, die oft unterschätzt wird. Es verbindet das Kreuzbein (Sakrum) mit dem Becken (Ilium) und spielt eine entscheidende Rolle für unsere Beweglichkeit und Stabilität.¹ Für die reibungslose Funktion unseres unteren Rückens und der Hüften ist es unerlässlich.

Anatomisch betrachtet, ist das Iliosakralgelenk ein echtes Gelenk. Es unterscheidet sich in seiner Beweglichkeit jedoch stark von anderen Gelenken, zum Beispiel dem Knie oder der Hüfte. Es ermöglicht minimale Rotations- und Schiebebewegungen, die für die Anpassung der Beckenstellung beim Gehen und die Stoßdämpfung beim Stehen und Sitzen wichtig sind. Diese subtilen Bewegungen sind entscheidend für eine ausgewogene Körperhaltung und eine gleichmäßige Gewichtsverteilung.

Durch seine besondere Lage am Übergang vom Beckengürtel zur Wirbelsäule ist das Iliosakralgelenk besonderen Belastungen ausgesetzt.² Daher ist das ISG anfällig für Überlastung und Fehlstellungen, was zu den typischen Schmerzen im unteren Rücken führt. Ärzt:innen gehen davon aus, dass das Iliosakralgelenk (Mit-) Ursache von ca. 20 bis 30 Prozent der tiefsitzenden Rückenschmerzen ist.³

In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf die verschiedenen Ursachen für Rückenschmerzen, die auf das Iliosakralgelenk zurückzuführen sind. Dazu gehören Entzündungen, ISG-Schmerzen und vor allem die ISG-Blockade. Außerdem lernst du, welche Behandlung und Therapie sich am besten eignen, um ISG-Beschwerden zu lindern.

Iliosakralgelenk Schmerzen: ISG-Syndrom und ISG-Blockade erkennen

Die Internationale Schmerzgesellschaft IASP erkennt seit einigen Jahren Schmerzen des ISG als ein eigenständiges Beschwerdebild an.⁴ Je nach Ausprägung werden von Mediziner:innen folgende Begriffe verwendet, um Rückenschmerzen aufgrund des ISG zu klassifizieren:

ISG-Syndrom: Unter diesem Oberbegriff werden verschiedene Arten von Rückenschmerzen zusammengefasst, die das Iliosakralgelenk betreffen. Dazu gehören sowohl akute als auch chronische Schmerzen, die länger als 12 Wochen anhalten. Unter dem ISG-Syndrom werden allgemein Schmerzen des ISG aber auch Entzündungsreaktionen des Gelenks zusammengefasst. ^5,6
ISG-Blockade: Verspannungen von Muskeln, Bändern und Sehnen können das ISG in seiner Funktion stören. Dann kann sich das Gelenk nicht mehr reibungslos bewegen – es wird im wahrsten Sinne des Wortes blockiert. Diese Dysfunktion kann zu starken Rückenschmerzen führen und beeinflusst meist die Beweglichkeit der Betroffenen.

Wo und wie schmerzt das Iliosakralgelenk bei einem ISG-Syndrom und einer ISG-Blockade?

Lokalisierung des Schmerzes: Der Schmerz ist typischerweise im unteren Rückenbereich, direkt über dem Gesäß, lokalisiert. Dies ist der Hauptbereich des Iliosakralgelenks.
Art des Rückenschmerzes: Die Schmerzen können als dumpf und tief beschrieben werden, manchmal aber auch als stechend. Menschen mit einer ISG-Blockade sprechen oft von einem akuten Schmerz, der sich bei bestimmten Bewegungen wie dem Aufstehen aus einer sitzenden Position oder beim Treppensteigen verstärkt.
Ausstrahlung: In einigen Fällen strahlen die Rückenschmerzen bis ins Gesäß, die Hüfte oder sogar bis in die Oberschenkel aus.

Auswirkungen von ISG-Syndrom und ISG-Blockade

Eingeschränkte Mobilität: ISG-Schmerzen können alltägliche Bewegungen wie Gehen, Bücken oder langes Sitzen erschweren.
Schlafstörungen: Die Schmerzen können auch den Schlaf beeinträchtigen, besonders wenn sie sich beim Liegen verschlimmern.
Beeinträchtigung der Lebensqualität: Anhaltende Rückenschmerzen können zu einer Verringerung der allgemeinen Lebensfreude führen und sogar Depressionen oder Angstzustände auslösen.

ISG-Blockade: Ursache und Therapie

Eine ISG-Blockade entsteht, wenn die normalen, wenn auch minimalen, Bewegungen des Gelenks eingeschränkt sind. Das geschieht oft durch muskuläre Verspannungen oder Fehlstellungen der Gelenkpartner im Rücken und Becken.

Die ISG-Blockade tut nicht nur im Rücken weg, sie kann auch zu Bewegungseinschränkungen führen und die Mobilität im Alltag beeinflussen. Häufige Ursachen für die ISG-Blockade sind:

Fehlhaltungen oder Schonhaltungen
Einseitige Belastungen, zum Beispiel beim Ausführen bestimmter Sportarten oder durch den Beruf
Chronische Erkrankungen wie beispielsweise Arthrose
Verletzungen durch einen Unfall⁷

Eine Häufung von Beschwerden im Bereich des Iliosakralgelenks besteht außerdem in der Schwangerschaft durch den gelockerten Bandapparat im Bereich des Beckengürtels.⁸

ISG-Blockade lösen: Wie geht das?

Die Lösung einer ISG-Blockade umfasst in der Regel manuelle Therapieformen, wie sie von Physiotherapeut:innen oder Osteopath:innen angewandt werden. Sie nutzen spezielle Techniken, um das Gelenk sanft zu mobilisieren und die ISG-Blockade zu lösen. Zu der Behandlung gehören gezielte Druckanwendungen, sanfte Dehnungen und Bewegungen, die darauf abzielen, die normale Beweglichkeit des Gelenks wiederherzustellen und die Rückenschmerzen zu lindern.⁹

Neben der manuellen Therapie spielen auch Bewegungsübungen eine wichtige Rolle bei der Behandlung einer ISG-Blockade. Sanfte Dehn- und Kräftigungsübungen, sind hilfreich, um das Gelenk beweglich zu halten und zukünftigen Blockaden vorzubeugen. Es ist wichtig, diese Übungen regelmäßig durchzuführen und dabei auf eine korrekte Ausführung zu achten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Aufklärung und Beratung durch medizinisches Fachpersonal. Patient:innen sollten lernen, wie sie im Alltag Haltungen und Bewegungen vermeiden können, die eine Blockade auslösen. Dazu gehört auch das Bewusstsein für eine ergonomische Sitz- und Stehposition und die Integration von Pausen mit leichten Bewegungen in den Alltag.

Was tun bei Schmerzen durch eine Blockade oder eine Entzündung?

Die Stärkung und Entlastung des Iliosakralgelenks durch gezielte Übungen ist bei ISG-bedingten Schmerzen angeraten. In den meisten Fällen bessern sich Beschwerden im Bereich des ISG rasch von selbst. Deshalb reicht es häufig aus, einige Tage bestimme Belastungen zu reduzieren.¹⁰ Pausieren sollte man zum Beispiel Belastungen und Sportarten, die ein Bein einseitig belasten und so das ISG fordern, wie beispielsweise Joggen oder auch Treppensteigen.⁹ Wenn sich die Beschwerden nicht bessern, hilft eine Behandlung mit Krankengymnastik, manuelle Therapie und Wärme.¹⁰

Iliosakralgelenk Entzündung: Symptome und Ursachen

Kommen wir nun zum nächsten Beschwerdebild eines schmerzenden ISG. Das Iliosakralgelenk kann sich, wie jedes Gelenk im Körper, entzünden, was mit spezifischen Symptomen einhergeht. Diese Entzündung kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, darunter Überlastung, Verletzungen oder autoimmune Erkrankungen.

Welche Symptome treten bei einer ISG-Entzündung auf?

Rückenschmerzen: Typischerweise treten die Schmerzen im unteren Rückenbereich auf, können aber auch in die Hüften, Gesäßregion und sogar in die Beine ausstrahlen.
Steifigkeit im Rücken: Besonders nach längeren Phasen der Inaktivität, zum Beispiels morgens oder nach längerem Sitzen, kann eine auffällige Steifigkeit im Bereich des Iliosakralgelenks spürbar sein.
Bewegungseinschränkungen im Rücken: Auch die Beweglichkeit kann eingeschränkt sein, was normale Alltagsbewegungen wie das Bücken oder Treppensteigen erschwert.

Was sind die Ursachen einer ISG-Entzündung?

Belastungen wie kräftige Erschütterungen in Momenten, in denen das ganze Körpergewicht auf einem Bein liegt, stehen im Verdacht, den Bandapparat des Beckens besonders zu beanspruchen und so zu Entzündungen im Iliosakralgelenk zu führen. Weitere Ursachen sind:

Überlastung: Lange Stehzeiten oder intensive sportliche Aktivitäten können das ISG überbeanspruchen.
Verletzungen: Stürze oder Unfälle, die das Becken betreffen, können ebenfalls zu Entzündungen führen.
Autoimmune Erkrankungen: Bestimmte Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis können Entzündungen in Gelenken, einschließlich des ISG, verursachen.

Diagnose einer ISG-Entzündung

Um eine Entzündung festzustellen, sollte auf jeden Fall ein Arzt bzw. eine Ärztin konsultiert werden. Die Diagnose einer Iliosakralgelenkentzündung erfolgt meist durch eine Kombination aus körperlicher Untersuchung, Anamnese und gegebenenfalls bildgebenden Verfahren.

Bei Schmerzen im Rücken, die ISG bedingt sind, sind der Hausarzt bzw. die Hausärztin oft erste Ansprechpartner. Sie können eine gründliche Anamnese durchführen und die Beschwerden genau erfassen. Durch gezielte Fragen und körperliche Untersuchungen kann der Hausarzt bzw. die Hausärztin feststellen, ob die Schmerzen tatsächlich vom ISG ausgehen.

Auch die Orthopädie ist eine gute Anlaufstelle. Der Orthopäde bzw. die Orthopädin ist auf Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates spezialisiert und somit qualifiziert für die Behandlung von ISG-Schmerzen. Durch spezielle Untersuchungen und Tests kann die Orthopädie-Praxis eine genaue Diagnose stellen und eine individuelle Therapie planen.

Behandlung und Therapie einer ISG-Entzündung

Neben Ruhe und anschließender Physiotherapie, gibt es folgende Behandlungsmöglichkeiten einer ISG-Entzündung:

Behandlung mit Schmerzmitteln und entzündungshemmenden Medikamente: Ärzt:innen können Schmerzmittel wie Paracetamol oder nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs) verschreiben, um Schmerzen und Entzündungen zu reduzieren.¹¹
Behandlung mit Injektionen: In einigen Fällen können Ärzt:innen Injektionen, wie zum Beispiel Kortikosteroide, direkt in das Iliosakralgelenk verabreichen, um die Entzündung gezielt zu behandeln.
Behandlung mit Hilfsmitteln: Orthopädische Hilfsmittel wie spezielle Schuheinlagen oder Gürtel können die Belastung des Iliosakralgelenks reduzieren.¹²

Tipp bei ISG-Schmerzen, Blockade und Syndrom: Die richtige Schlafposition

Die richtige Schlafposition kann einen erheblichen Unterschied machen, wenn es um die Linderung von Rückenschmerzen bei einer ISG Blockade oder Entzündung geht. Eine gut gewählte Schlafhaltung kann dazu beitragen, Druck und Spannungen im Iliosakralgelenk zu verringern und somit zu einer besseren Nachtruhe führen.

Rückenlage mit Unterstützung:

Das Schlafen auf dem Rücken gilt oft als eine der besten Positionen, um das ISG zu entlasten.¹³ Um diese Position zu optimieren, kann ein Kissen unter den Knien platziert werden. Dies hilft, die natürliche Krümmung der Wirbelsäule zu unterstützen und reduziert den Druck auf das ISG.

Seitenschlaf mit Kissen:

Wenn das Schlafen auf der Seite bevorzugt wird, kann ein Kissen zwischen den Knien helfen, die Hüften zu stabilisieren und die Belastung des Iliosakralgelenks zu verringern. Es ist wichtig, darauf zu achten, dass sowohl die Hüften als auch die Schultern in einer geraden Linie liegen, um zusätzliche Spannungen im Rücken zu vermeiden.14

Vermeidung der Bauchlage:

Das Schlafen auf dem Bauch kann den Druck auf das Iliosakralgelenk erhöhen und sollte vermieden werden. Diese Position führt oft zu einer Überstreckung des unteren Rückens und kann die Symptome einer ISG Blockade verschlimmern.¹²

Die Wahl der richtigen Schlafposition ist ein individueller Prozess. Was für den einen hilfreich ist, kann für den anderen weniger wirksam sein. Es kann nötig sein, verschiedene Positionen und Kissenanordnungen auszuprobieren, um herauszufinden, was die größte Erleichterung bringt.

Häufig gestellte Fragen zum ISG-Syndrom und der ISG-Blockade

Was kann ich gegen Schmerzen im Iliosakralgelenk tun?

Bei Schmerzen im Iliosakralgelenk sollten Aktivitäten, die die Schmerzen verschlimmern, zunächst ausgesetzt werden. Die Anwendung von Wärme, wie z.B. mit einer Wärmflasche, kann helfen, die Muskeln zu entspannen. Leichte Dehn- und Stärkungsübungen können ebenfalls nützlich sein, um die Muskulatur um das ISG zu stärken und zu stabilisieren. Bei anhaltenden oder starken Schmerzen sollten jedoch Ärzt:innen oder Physiotherapeut:innen konsultiert werden.

Wo schmerzt das Iliosakralgelenk?

Das Iliosakralgelenk befindet sich im unteren Rückenbereich, an der Stelle, wo das Kreuzbein und das Becken aufeinandertreffen. Schmerzen, die mit dem ISG in Verbindung stehen, treten meist im unteren Rücken, in der Gesäßregion und manchmal auch in den Oberschenkeln auf. Die Schmerzen können einseitig oder beidseitig sein und sich bei bestimmten Bewegungen verschlimmern.

Was tun bei starken Schmerzen im Iliosakralgelenk?

Bei starken Schmerzen im Iliosakralgelenk ist es ratsam, ärztlichen Rat einzuholen. Medikamente zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung können verschrieben werden. Wichtig ist, die Einnahme von Medikamenten durch einen Arzt bzw. eine Ärztin begleiten zu lassen. In manchen Fällen können auch physiotherapeutische Behandlungen oder manuelle Therapien empfohlen werden, um die Ursache der Schmerzen zu adressieren. Es ist wichtig, sich nicht selbst zu überfordern und dem Körper Zeit zur Erholung zu geben.

Welche Übungen bei ISG-Blockade?

Bei einer ISG-Blockade können sanfte Dehn- und Kräftigungsübungen hilfreich sein. Beispielsweise kann das Dehnen der Gesäßmuskulatur oder sanfte Yoga-Übungen, die auf die Stärkung des Rumpfes abzielen, sinnvoll sein. Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit des unteren Rückens können ebenfalls zur Linderung der Symptome beitragen. Es ist jedoch wichtig, Übungen unter Anleitung durchzuführen, um eine Verschlimmerung der Symptome zu vermeiden.

Kurz gesagt

Das Iliosakralgelenk spielt eine wichtige Rolle in unserem Bewegungsapparat, und Probleme in diesem Bereich können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Ein Verständnis der Funktion und der potenziellen Probleme des ISG, wie Entzündungen, dem ISG-Syndrom und der ISG-Blockade ist wesentlich für eine effektive Behandlung und Prävention. Die Kombination aus medizinischer Betreuung, angepassten Übungen und Anpassungen des Lebensstils tragen dazu bei, die Symptome zu lindern und das Wohlbefinden zu verbessern.

Dieser Artikel hat das Ziel, ein grundlegendes Verständnis des Iliosakralgelenks zu vermitteln und praktische Tipps für die Bewältigung von Beschwerden zu bieten. Bei anhaltenden oder starken Schmerzen ist es jedoch immer ratsam, professionelle medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen und einen Arzt bzw. eine Ärztin zu konsultieren.

Quellen

1 Kommentar

RS am 10. April 2024 um 3:37 pm

Ilium = Darmbein; (Pelvis = Becken)
Antworten