Rückenschmerzen durch Verhütung? Problem mit Pille & Spirale

Rückenschmerzen können nicht nur durch die Periode, sondern auch durch Verhütungsmethoden entstehen. Wir haben die Gynäkologin Dr. Sophia Rösch für dich dazu befragt.

Mara Dietrich

6 Min. Lesezeit · Mai 17, 2024
Eine junge Frau steht vor einer Illustration auf der eine Pille und eine Spirale dargestellt sind.

Über Dr. Sophia Schäfer-Rösch

Portrait von Dr. Sophia Schäfer-Rösch

Unsere Expertin für das Thema Rückenschmerzen und Verhütung ist Dr. Sophia Rösch. Sie ist seit 2018 als Assistenzärztin in der Gynäkologie und Geburtshilfe im Klinikum Bayreuth tätig und hat dort täglich mit allen Aspekten der Frauengesundheit zu tun, auch mit der Schwangerschaftsvorsorge und Betreuung von Patientinnen bezüglich ihrer Verhütung.

Gemeinsam beantworten wir in diesem Artikel die am häufigsten gegoogelten Fragen zum Thema Verhütung und Rückenschmerzen!

Wenn du diese oder eine ähnliche Frage schon einmal gegoogelt hast, bist du eine von vielen Frauen. Wenn es um den weiblichen Körper und seine anatomischen und hormonellen Besonderheiten geht, verbergen sich dahinter oft komplexe Phänomene, die nicht zum Allgemeinwissen gehören. Das liegt zum Teil daran, dass sie noch zu wenig erforscht sind. Viele Frauen gehen mit ihren Schmerzen gar nicht erst zu ihrem Arzt oder ihrer Ärztin und nehmen sie als Begleiterscheinung der Menstruation oder des Geschlechtsverkehrs hin. Doch was steckt wirklich dahinter? Können Rückenschmerzen durch Verhütungsmittel verursacht werden? Wir haben bei der Gynäkologin Dr. Sophia Rösch nachgefragt. 

Kann die Einnahme der Pille Rückenschmerzen verursachen?

Laut Dr. Sophia Rösch gibt es definitiv einen Zusammenhang zwischen der Einnahme der Pille, die es bereits seit über 60 Jahren gibt und Rückenschmerzen3. Die Pille reguliert deinen Hormonhaushalt nämlich so, dass dein Eisprung unterdrückt wird. Deinem Körper wird dadurch suggeriert, dass du schwanger bist. Und weil dein Körper schlau ist, führt das dazu, dass dein Sakralgelenk, also die Verbindung zwischen Hüfte und Wirbelsäule (wo das Kreuzbein sitzt), sowie die Bänder und Weichteile (z.B. deine Bandscheiben) in diesem Bereich weicher und flexibler werden.1,4 Logisch, wenn man bedenkt, dass sich dein ganzer Bewegungsapparat sich auf eine Geburt vorbereitet, für die er flexibel sein muss.

Lockern sich die Bänder deiner Gelenke, nimmt deren Stabilität ab und es kommt leichter zu Verschiebungen und Blockaden, die zu schmerzhaften Muskelverspannungen führen können. 

Dr. Sophia Rösch weiß aus ihrem Praxisalltag: ,,Die erhöhte Flexibilität geht zu Lasten von Gelenken und Knochen: Sind die Bandscheiben weicher, fangen sie die Belastung schwerer ab und man nimmt eher eine Fehlhaltung ein. Aus diesem Grund neigen vor allem schwangere Frauen zu Rückenschmerzen.”

Nicht ohne Grund wird schwangeren Frauen empfohlen, ihrem Rücken während, vor und nach der Schwangerschaft etwas Gutes zu tun, ihn zu bewegen, zu dehnen, zu entspannen. So wird die Rückenmuskulatur präventiv gestärkt, um den weichmachenden Mechanismen etwas entgegenzuwirken. Und das ist wichtig, denn tatsächlich leidet jede dritte Frau während ihrer Schwangerschaft unter Rückenschmerzen.2 

Kann die Kupferkette oder Kupferspirale Rückenschmerzen verursachen? 

Bei nicht-hormonellen Verhütungsmitteln wie der Kupferspirale oder der Kupferkette ist die Wahrscheinlichkeit, Rückenschmerzen zu entwickeln, laut Dr. Sophia Rösch dagegen  geringer. Dennoch kann allein die Anwendung dieser Verhütungsmittel Rückenschmerzen verursachen. ,,Das würdest du zum Beispiel spüren, wenn sie verrutscht oder nicht fachgerecht gelegt wurden“, sagt Dr. Sophia Rösch. Wenn du also unerklärliche Schmerzen hast, besonders nach dem Einsetzen der Kupferspirale oder der Kupferkette, solltest du das in jedem Fall mit deinem Frauenarzt oder deiner Frauenärztin abklären. 

Was du vielleicht noch nicht wusstest: Deine Gebärmutter kann sich in Position und Größe von der anderer Frauen unterscheiden. So kann dein Gebärmutterkörper, wie Ärzt:innen den Uterus benennen, beispielsweise eher nach vorne geneigt sein, sodass er sozusagen über der Harnblase hängt, oder eher nach hinten geneigt sein, was man ,retroflektiert´ nennt. 

„Lässt man sich einen Fremdkörper wie die Spirale in eine retroflektierte Gebärmutter einsetzen, könnten die Muskeln der Frau theoretisch auch mehr verkrampfen, denn sie versuchen, ihre Position durch Spannung zu stabilisieren. Das könnte in der Theorie Schmerzen erklären, selbst wenn die Spirale eigentlich korrekt liegt und nicht verrutscht ist”, erklärt Dr. Sophia Rösch.

Tatsächlich ist deine Gebärmutter ein großer Muskel, dessen Anspannungen ebenso in den Rücken oder das Becken ausstrahlen können. Kläre deshalb mit deinem Arzt oder deiner Ärztin vorher ab, ob deine Gebärmutter und ihre Lage und Größe für eine Kupferspirale oder Kette geeignet ist. Generell kann man aber sagen, so Dr. Sophia Rösch, dass Rückenschmerzen durch nicht-hormonelle Verhütungsmethoden wie die Kupferspirale oder Kupferkette eher unwahrscheinlich sind. 

Sind manche Frauen anfälliger für Rückenschmerzen durch Verhütungsmittel und wenn ja, warum? 

,,Wenn Frauen bereits Rückenprobleme oder eine schwache Rückenmuskulatur haben, können hormonelle Verhütungsmittel ihre Rückenschmerzen verschlimmern. Der sowieso geschwächte und angespannte Bewegungsapparat könnte durch die Pille oder andere hormonelle Verhütungsmittel, wie die Hormonspirale, den Vaginalring, Stäbchen oder Spritze, aufgrund der oben genannten Effekte zusätzlich belastet werden”, erklärt Dr. Sophia Rösch. 

Unsere Gynäkologie-Expertin weist uns auch darauf hin, dass Nebenwirkungen durch hormonelle Verhütungsmittel sehr subjektiv sind. ,,Ob du eher dafür anfällig bist, hat nicht nur etwas mit Faktoren wie deiner allgemeinen körperlichen Verfassung, Rückenschmerzen, deiner Muskelstärke oder Muskelverspannungen zu tun. Auch depressive Verstimmungen, Stress und Wassereinlagerungen können eine Rolle spielen.”

Dass psychischer und physischer Stress weitere Risikofaktoren sind, überrascht uns nicht. Von psychischer Anspannung sind nachweislich auch deine Muskeln betroffen – einschließlich der Muskeln deines Beckenbodens und deiner Gebärmutter. Erhöhter Stress kann sich so zum Beispiel auch auf die Intensität deiner Unterleibsschmerzen auswirken, wenn du deine Periode hast. Wenn du also generell unter viel Stress und Anspannung stehst, dann erhöhen hormonelle Verhütungsmittel dein Risiko, Rückenschmerzen zu bekommen. “Und Frauen, die mit psychischen Nebenwirkungen zu mir kommen, berichten dann eher auch von Rückenschmerzen im Verlauf des Gesprächs”, bestätigt Frau Dr. Rösch und sagt:  ,,Bleiben die Schmerzen dauerhaft, sollte in Erwägung gezogen werden, ob die Pille das richtige Verhütungsmittel ist”.

Wie viele Frauen leiden wegen ihrem Verhütungsmittel an Rückenschmerzen?

Möglicherweise ertappst du dich jetzt, dass du deine Rückenschmerzen bisher vor allem auf die Belastung vom vielen Sitzen, schweren Tragen oder deiner krummen Haltung in deinem Alltag geschoben hast. Folgendes ist deshalb nicht überraschend: 

„Fast keine Frau kommt primär mit der Klage ‚Ich habe Rückenschmerzen, könnte das von der Pille kommen?‘, sondern es kommt im Gespräch erst heraus, dass auch Rückenschmerzen ein Thema sind“, berichtet uns Dr. Sophia Rösch aus ihrem Berufsalltag. „Meistens berichten sie eher über depressive Verstimmungen, Gewichtszunahme oder Wassereinlagerungen und bringen ihre Rückenschmerzen nicht direkt mit der Pille oder Spirale in Verbindung.“ 

Wenn du dich generell unwohl fühlst, Stimmungsschwankungen hast und an Hautirritationen, Müdigkeit, Kopf- oder Unterleibsschmerzen leidest, liegt es nicht fern, dass dein Körper angespannt ist. Das geht uns fast allen manchmal so. Eine Kombination dieser Faktoren kann ebenfalls Rückenschmerzen begünstigen. Wenn du also zuvor leichte Beschwerden hattest, können sich diese durch die Pille verschlimmern, ohne dass dir bewusst ist, wovon es kommt. „Genauso gibt es aber Frauen, die die Pille seit 15 Jahren einnehmen und keine Probleme haben. Andere hingegen leiden bereits nach kurzer Einnahme unter verschiedenen Nebenwirkungen”, resümiert Frau Dr. Sophia Rösch. 

Was hilft gegen Rückenschmerzen durch hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille?

Dr. Sophia Rösch betont hier, wie wichtig es für Frauen ist, die Rückenmuskulatur zu stärken und regelmäßig Sport zu treiben, denn das mache den größten Unterschied. Natürlich helfen aber auch gängige Mittel wie Wärme, Entlastungs- und Entspannungstechniken oder Massagen, um deinen Muskelspannungen entgegenzuwirken4

Vergiss dabei nicht, dass die durch die Pille verursachten Rückenschmerzen durch die Lockerung deiner Gelenke, Bandscheiben und Weichteile entstehen. Wenn du obendrein intensive Dehnungen machst, werden deine gelenkigen Punkte noch „weicher” und deine umliegenden Muskeln spannen noch mehr an, um die vulnerablen Stellen zu schützen und zu entlasten. Aus diesem Grund gilt: Stärke deine Rückenmuskulatur. Jede Art von Bewegung ist bei Rückenschmerzen hilfreich, da eine körperliche Schonung relativ schnell zum Abbau von deiner Muskulatur führt, was wiederum deine Rückenschmerzen verstärken kann. Es ist natürlich absolut okay, wenn du auf deinen Körper hörst und in manchen Phasen deines Zyklus langsam machst. Während deiner Periode solltest du es generell mit dem Krafttraining nicht übertreiben.

Wenn du also vor der Frage stehst, ob die Pille oder Spirale das richtige Verhütungsmittel für dich ist, lass dich von deiner Gynäkologin oder deinem Gynäkologen beraten. Stelle Fragen über deine Gebärmutter und sprich gegebenenfalls über deine Beschwerden während deines Zyklus. Es hilft Ärzt:innen und dir dabei, wenn du deinen Körper und seine Symptome kennst und ihn achtsam beobachtest. So findest du gemeinsam mit deiner Gynäkologin eine geeignete Verhütungsmethode, die zu dir und deinem Körper passt.

Stärkere oder länger andauernde Rückenschmerzen solltest du in jedem Fall von einem Arzt bzw. einer Ärztin abklären lassen, denn starke Rückenschmerzen können auch auf eine andere Erkrankung hinweisen.

Quellen:

  1. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/rueckenschmerzen/
  2. https://www.ratgeber-nerven.de/rueckenschmerzen/risikogruppen/frauen/schwangerschaft/
  3. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/die-pille-wird-60-115929/seite/9/ 
  4. https://www.ptaheute.de/aktuelles/2022/09/23/rueckenschmerzen-durch-die-pille  
Mara Dietrich
PR & Kommunikation bei Kaia Health
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