Stell dir vor: Der Wecker klingelt, du setzt dich an den Frühstückstisch, dann fährst zur Arbeit, um dort weiter zu sitzen. Und auch im Feierabend, beim Abendessen oder beim Entspannen vor deiner Lieblingsserie, bleibst du in derselben Position.
Hast du dir schon einmal überlegt, wie viel Zeit du tatsächlich sitzend verbringst? Für alle unter uns, die in Bürojobs, der IT, im Kundenservice oder in anderen sitzenden Berufen arbeiten, gehört Sitzen zum Alltag. Und das hat Folgen.
Eine große Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Gesunder Rücken mit über 1.000 Teilnehmer:innen ergab, dass beinahe die Hälfte der im Büro tätigen Menschen unter Rückenbeschwerden leidet – und das mindestens einmal pro Woche!1
Aber wir haben gute Nachrichten für dich: Mit einfachen Anpassungen und der richtigen Ergonomie am Arbeitsplatz kannst du Rückenproblemen vorbeugen. Ergonomie ist nicht nur ein Fachbegriff für Gesundheitsexpert:innen – sie ist dein Schlüssel zu einem gesünderen Arbeitsalltag, zu weniger Schmerzen und einer besseren Lebensqualität.
Begleite uns auf einer Entdeckungsreise zum ergonomischen Arbeitsplatz, der nicht nur deine Gesundheit unterstützt, sondern auch dein Wohlbefinden steigert. Denn letztlich verdienst du einen Arbeitsplatz, der dir guttut und nicht schadet. Lass uns gemeinsam herausfinden, wie das geht.
Was ist Ergonomie?
Ergonomie ist die Wissenschaft von der Anpassung der Arbeitsbedingungen an die physischen und psychischen Eigenschaften des Menschen, um Effizienz und Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu maximieren. Sie umfasst das Design deines Arbeitsplatzes, aber auch von Werkzeugen, Maschinen und Prozessen, um deine Sicherheit, Gesundheit und Produktivität zu fördern. Dazu gehören auch Büromöbel und sogar die Beleuchtung während der Arbeit.
Ergonomie befasst sich aber nicht nur mit der physischen Gestaltung von Arbeitsplätzen, sondern berücksichtigt auch kognitive Aspekte wie Arbeitsabläufe und menschliches Verhalten. Ziel ist es, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die zu einer Reduzierung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten führen und gleichzeitig die Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit erhöhen.2,3
Rückenschmerzen im Büro: Das sind die Ursachen
Ärzt:innen sind sich weitgehend einig: In den meisten Fällen haben Rückenschmerzen keine dringend behandlungsbedürftige Ursache. Sie sprechen dann von nicht-spezifischen Rückenschmerzen.4 Nicht-spezifische Rückenschmerzen entstehen unter anderem, wenn das Zusammenspiel der Muskeln, Bänder und Sehnen nicht mehr optimal funktioniert. Stell dir vor, dein Rücken ist wie ein Orchester und jedes Körperteil ein anderer Musiker. Ist einer von ihnen aus dem Takt bzw. verspannt, führt das zu einer Disharmonie, die du als Schmerz wahrnimmst.
Ärzt:innen führen das vor allem auf Bewegungsmangel und monotone Körperhaltungen während der Arbeit zurück. Selbst in der Freizeit bewegen sich die meisten Menschen nicht ausreichend, was zu Rückenschmerzen und anderen Problemen des Bewegungsapparates führen kann. Dabei ist bereits bekannt, dass ausreichende Bewegung das Risiko für Rückenschmerzen deutlich senkt!5
Wenn du zu den Vielsitzer:innen gehörst, heißt das jedoch nicht, dass du automatisch Rückenschmerzen entwickelst. Eine sitzende Tätigkeit alleine ist nicht der Übeltäter. Tatsächlich ist es ein Zusammenwirken mehrerer ungünstiger Faktoren, die dir Schmerzen bereiten.6,7
Studien zeigen beispielsweise, dass bei sitzenden Berufen eine Kombination aus einem hohen Arbeitspensum und der überwiegend sitzenden Körperhaltung eine Rückenschmerz-Episode begünstigt.8 Auch die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz oder die Angst vor Kündigung beeinflusst das Auftreten von Rückenschmerzen.9
Du siehst also, wie wichtig es ist, auch deine mentale Gesundheit im Auge zu behalten, wenn es um das Thema Schmerzen geht.
Rückenschmerzen vom Sitzen: Das kannst du im Alltag tun
Rückenschmerzen von übermäßigem Sitzen können unseren Alltag stark beeinträchtigen, doch es gibt Hoffnung. Ein ergonomische Lebensweise beginnt damit, sich unseres täglichen Verhaltens und der kleinen Entscheidungen, die wir treffen, bewusst zu werden. Indem wir lernen, wie unsere Umgebung und unsere Gewohnheiten unseren Körper beeinflussen, können wir Schritte unternehmen, um unser Wohlbefinden zu verbessern.
Die wirkungsvollste Maßnahme: Bewegung in den Alltag bringen
Eine der einfachsten Maßnahmen ist es, den Bewegungsmangel am Arbeitsplatz zu reduzieren und darauf zu achten, einseitige Belastungen wenn möglich einzuschränken oder auszugleichen.
Wenn du genau hinschaust, bietet dein Alltag viele Gelegenheiten, aktiver zu werden. Hier sind einige Tipps für dich10:
- Stehe auf und bewege dich regelmäßig: Nutze einen Timer, um dich daran zu erinnern, jede Stunde aufzustehen und dich für ein paar Minuten zu bewegen. Kurze Spaziergänge, Stretching oder leichte Übungen können helfen.
- Morgenspaziergänge: Beginne deinen Tag mit einem kurzen Spaziergang. Dies kann dir helfen, wach zu werden und dich auf den Tag einzustimmen.
- Stehmeetings: Führe Telefonate oder Videokonferenzen im Stehen durch. Das kann nicht nur deiner Haltung zugutekommen, sondern auch deine Konzentration verbessern.
- Haushalt und Homeoffice kombinieren: Nutze Pausen für leichte Haushaltstätigkeiten, die dich in Bewegung bringen, wie Aufräumen oder Wäsche machen.
- Ergonomische Hilfsmittel: Nutze ergonomische Hilfsmittel wie Balancekissen oder Fußstützen, um auch im Sitzen aktiv zu bleiben.
Mehrere Studien belegen auch, dass strukturierte Bewegungsprogramme am Arbeitsplatz die Beschwerden durch Rückenschmerzen lindern können und als Präventionsmaßnahme vor erneuten Rückenschmerzen sehr gut geeignet sind.11
Gesund arbeiten: Den Arbeitsplatz ergonomisch ausrichten
Wenn du im Büro oder im Home Office arbeitest, hast du weitere Möglichkeiten, deinen Arbeitsplatz ergonomisch einzurichten.
Ein wesentlicher Faktor für einen rückenfreundlichen Arbeitsalltag sind deine Büromöbel. Dabei kommt es nicht nur auf die richtige Wahl der Möbel an, sondern auch auf deren Anpassung und Ausrichtung, um deinen Körper bestmöglich zu unterstützen.
Eine Studie aus den Niederlanden hat belegt, dass eine fachgerechte Ergonomieberatung und die daraufhin angepasste Einstellung des Arbeitsplatzes erheblich zur Linderung von Rückenbeschwerden beitragen können.12
Viele Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden entsprechende Beratung an und unterstützen sie dabei, den Arbeitsplatz rückengerecht zu gestalten. Sprich bei der nächsten Gelegenheit deinen Arbeitgeber bzw. deine Arbeitgeberin darauf an oder frage deine Kolleg:innen, ob ihr euch als Team für einen gesünderen Arbeitsplatz engagieren wollt.
Bei der Auswahl der Büromöbel, zum Beispiel Schreibtischstühle oder Schreibtische, gibt es Kriterien, die für ein rückengerechtes Möbelstück erfüllt sein sollten. Die Aktion Gesunder Rücken e.V. (AGR) prüft als gemeinnütziger Verein viele Produkte auf ihre Eigenschaften im Hinblick auf Rückengesundheit.12
Produkte, welche die Anforderungen einer gemeinsamen medizinischen und therapeutischen Expert:innen-Kommission erfüllen, werden mit dem AGR-Gütesiegel ausgezeichnet.13
Richtig sitzen mit den Basics der Ergonomie
Egal, ob Home Office, Großraumbüro oder im öffentlichen Nahverkehr – überall dort, wo gesessen wird, sollte die Ergonomie stimmen. Dazu gehört neben einem guten Stuhl auch eine aufrechte, ergonomische Sitzhaltung.
Und die geht so:
- Die Ober- und Unterarme in einem 90-Grad-Winkel ausrichten, sodass Ellenbogen und Handgelenke auf einer Linie sind.
- Die Unterarme locker auf dem Schreibtisch ablegen. Das ist wichtig, damit die Nackenmuskulatur nicht dauerhaft unter Anspannung steht, wenn wir die Tastatur benutzen.
- Beide Füße fest auf den Boden stellen, sodass die Oberschenkel leicht abfallen oder parallel zum Boden stehen.
- Den Blick entspannt nach vorne richten. Durch eine waagerechte Sichtachse sollte der Blick am oberen Ende des Bildschirms landen. Hierfür eignen sich ein Laptopständer oder ein zweiter großer Bildschirm, der am besten einen Abstand von 50 Zentimetern zum Gesicht hat.
- Das Kinn leicht zur Brust und den Hinterkopf nach oben hinten ziehen.
- Entspannt anlehnen und möglichst den Kontakt zur Rückenlehne halten.
Auch die beste Sitzhaltung hilft uns allerdings nichts, wenn wir bis zum Feierabend statisch in ihr verharren. Hier kommt das dynamische Sitzen ins Spiel. Wenn du zwischendurch immer wieder das Gewicht verlagerst und die Sitzposition wechselst, schmeichelst du dem gesamten Bewegungsapparat.
Rückenfreundliches Arbeiten hört jedoch nicht bei der richtigen Sitzposition auf. Die geltenden Nationalen VersorgungsLeitlinien (NVL) zur Behandlung von Rückenschmerzen fordern auch, Maßnahmen zur Arbeitsplatzzufriedenheit als Teil der Vorbeugung von Rückenschmerzen am Arbeitsplatz zu etablieren.14
Angesichts der deutlichen Auswirkungen, die Stress und Belastung am Arbeitsplatz haben, und der signifikanten Rolle, die die Zufriedenheit am Arbeitsplatz bei der Entstehung von Rückenschmerzen spielt, ist dies zweifellos ein entscheidender Schritt!
Kurz gesagt:
Rückenschmerzen im Büro sind ein extrem häufiges Problem, am häufigsten sind Menschen betroffen, die überwiegend sitzenden Tätigkeiten nachgehen und Arbeitnehmer:innen, die schwere Lasten tragen.15
Zudem lässt sich sagen, dass die Ergonomie am Arbeitsplatz mehr als nur eine Maßnahme zur Schmerzprävention darstellt; sie ist eine Investition in deine Gesundheit und dein Wohlbefinden.
Studien haben gezeigt, dass ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze nicht nur das Risiko für Rückenschmerzen und andere muskuloskelettale Beschwerden senken, sondern auch die Produktivität und Arbeitszufriedenheit erhöhen können. Indem wir ergonomische Prinzipien in unseren Arbeitsalltag integrieren, wie die Nutzung von ergonomischem Zubehör, regelmäßige Pausen und die Anpassung der Arbeitsumgebung an unsere individuellen Bedürfnisse, investieren wir unsere Gesundheit.
Lass uns diese Erkenntnisse als Motivation nehmen, um proaktive Schritte zu einem gesünderen Arbeitsleben zu machen. Denn jeder verdient einen Arbeitsplatz, der nicht nur frei von Schmerzen, sondern auch förderlich für die persönliche und berufliche Entwicklung ist.
Quellen
1: https://www.presseportal.de/pm/104263/3580583
2: https://www.mec.ed.tum.de/lfe/lehrstuhl/was-ist-ergonomie/
3: https://www.dguv.de/de/praevention/themen-a-z/ergonomie/index.jsp
4: http://www.leitlinien.de/nvl/html/kreuzschmerz/kapitel-1
5: https://www.sifa-sibe.de/allgemein/zu-viel-sitzen-im-buero-schadet-ihrem-ruecken/
6: https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2255.pdf?__blob=publicationFile&v=10
7: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11045756
8: http://www.leitlinien.de/nvl/html/kreuzschmerz/kapitel-3
9: http://www.ruhr-uni-bochum.de/imperia/md/content/psy_auo/rueckenpraevention.pdf
11: http://www.leitlinien.de/nvl/html/kreuzschmerz/kapitel-5
12: https://www.agr-ev.de/de/ratgeber-produkte/produkte
13: https://www.agr-ev.de/de/ratgeber-produkte/das-agr-guetesiegel
14: http://www.leitlinien.de/nvl/html/kreuzschmerz/kapitel-8#section-2
15: https://www.aerzteblatt.de/archiv/61058/Rueckenschmerzen-Der-groesste-Teil-ist-myofaszial-bedingt
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