Rückenschmerzen vom Golf: Ist Golfen schlecht für den Rücken?

Golf ist ein beliebter Sport. Leider bestimmen Rückenschmerzen immer wieder den Schwung. Wir zeigen dir, wie du das Spiel schmerzfrei genießt!

Rehmesmee Gojowy

6 Min. Lesezeit · Mrz 8, 2024
Bild von Golfschlägern auf dem Golfplatz

Wusstest du, dass laut einer Studie nur noch 25 Prozent der US-amerikanischen Golfer:innen über 65 Jahre alt sind?1 Vorbei ist das Bild einer wohlhabenden, älteren Gesellschaft, die sich auf dem Platz tummelt. Golf hat sich längst zu einer beliebten Sportart für die breite und vor allem jüngere Masse entwickelt. 

Mit der wachsenden Zahl an Spieler:innen steigt allerdings auch die Zahl der golf-assoziierten Verletzungen. Laut Studien betreffen über 50 Prozent davon den unteren Rücken!1-4  Gemessen an der Zahl der Verletzungen gilt Golf damit als eine Risikosportart für den Rücken.5

Rückenverletzungen betreffen aber nicht nur Hobby-Spieler:innen, selbst Profi-Golfer:innen bleiben davon nicht verschont. So musste sich Tiger Woods bereits vier Mal aufgrund von Rückenschmerzen operieren lassen.

Zugegeben, rückenfreundlich klingt anders. Gehen wir der Sache mal auf den Grund!

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Rückenschmerzen beim Golf: Woran liegt das?

Vielleicht ging es dir auch so – schon bei den ersten Versuchen auf der Driving Range ist klar, dass Golf ein hochkomplexer Sport ist. Nur mit exakten und kontrollierten Bewegungsabläufen gelingt es, den Ball gezielt und weit zu schlagen. 

Als Golfer:in wirst du sicher bestätigen, was einige Autor:innen bereits geschrieben haben: Der Golfschwung gilt als der zweitschwerste Bewegungsablauf beim Sport, direkt nach dem Stabhochsprung.7

Für alle, die gerade erst in die Welt des Golf einsteigen, werden wir kurz die beiden wichtigsten Schwünge unterscheiden. Einfach gesagt gibt es den klassischen und den modernen Golfschwung. Beim klassischen Schwung gibt es einen langen Aufschwung, bei dem das Becken und der Brustkorb im gleichen Maß rotiert werden. Dieser Schwung wird mit einer aufrechten Körperhaltung beendet. Du stehst quasi senkrecht zum Ziel, bzw. zur Fahne.8

Der klassische Schwung ist sehr schwierig zu erlernen und wird heutzutage nur noch von wenigen, professionellen Spieler:innen geübt.7

Der moderne Golfschwung hingegen ist einfacher und daher beliebter, besonders unter Amateur:innen und Anfänger:innen.7 Trotzdem ist er nicht weniger kraftvoll: Der moderne Golfschwung erreicht eine Beschleunigung von über 160 km/h innerhalb einer fünftel Sekunde!2,9 Zum Vergleich: Selbst ein Porsche braucht dafür mindestens 2,5 Sekunden!

Während des Schwungs passiert in deinem Körper allerhand. Die schnelle Drehung des Brustkorbs, zusammen mit der Hüftrotation, aktiviert deine gesamte Rumpfmuskulatur. Gleichzeitig bleiben beide Füße während der Aufschwungphase am Boden. Durch dieses Zusammenspiel kann dein Körper noch mehr Kraft erzeugen, vor allem aus dem unteren Rücken heraus.9

Außerdem strecken sich die elastischen Fasern deiner Rumpfmuskulatur, sodass noch mehr Kraft generiert und gespeichert werden kann. Beim Abschwung wird durch die seitliche Hüftbewegung in Richtung des Abschlages nochmal richtig Geschwindigkeit erzeugt, um die maximale Energie für den Schlag herauszuholen.9

Einfach ausgedrückt, ist der moderne Golfschwung eine Kombination aus asymmetrischen, schnellen und kräftigen Bewegungen, um mehr Kraft aus dem Rücken zu holen.2,9 Die Bewegung ist allerdings weniger gleichförmig als die des klassischen Schwungs, vor allem, was die Hüftrotation anbelangt. Die Kraft wird vorwiegend durch eine schnelle Drehung des Brustkorbs in der Aufschwungphase erzeugt, was den unteren Rücken belastet. Genau hier liegt das Problem. 

Studien sind sich mittlerweile einig, dass der moderne Golfschwung für die Mehrzahl der golf-assoziierten Rückenverletzungen verantwortlich ist.1,2,9 

Eine Runde Golf enthält außerdem viele solcher Schwünge, die sich über einen langen Zeitraum verteilen. Für deinen Körper ist es dadurch schwerer, deine Muskulatur aufzuwärmen und warm zu halten.2,9

Was sagt die Wissenschaft?

1. Ein australisches Forscherteam hat medizinische Aufnahmen von Golfer:innen genau unter die Lupe genommen. In einer Vergleichsstudie fanden sie heraus, dass Golfer:innen abnutzungsbedingte Veränderungen der Wirbelsäule haben und zwar an der vom Ziel abgewandten Seite! Diese Veränderungen wurden bei Menschen, die kein Golf spielen, nicht gefunden.9

2. Um die auf die Wirbelsäule einwirkenden Kräfte beim Golf messen zu können, hat eine amerikanische Forschergruppe sogar ein neues Maß entwickelt, den sogenannten Crunch Factor. Er ist das unmittelbare Produkt aus zwei Bewegungen: zum einen der seitlichen Rumpfbeugung hin zur Aufschwungs-Seite und zum anderen der axialen Rumpf-Rotationsgeschwindigkeit, die kurz nach dem Treffen des Balls ihr Maximum erreicht. Diese Bewegungen nennt man auch kinematische Größen. Sie beschreiben einen Bewegungsablauf und seine Geschwindigkeit. Die Forscher:innen stellten die Hypothese auf, dass die Kombination dieser beiden kinematischen Größen für die degenerativen Veränderungen und Verletzungen der Lendenwirbelsäule bei Golfern verantwortlich sei.2

3. Ein weiteres Forscherteam aus den USA behauptet, eine reduzierte Fähigkeit zur Hüftrotation verursache einen falsch ausgeführten Schwung. Solche Defizite entstehen zum Beispiel durch eine gestörte Funktionalität der Bänder, Gelenke und Kapseln als Folge von wiederholten Mikrotraumata, ausgelöst durch Bewegungen, die zu Stress in den Gelenken führen. Die reduzierte Hüftrotation führe laut der Fortscher:innen außerdem zu einer höheren Belastung der Wirbelsäule.10

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es viele möglichen Ursachen für Rückenschmerzen beim Golf gibt. Welche die eine hauptverantwortliche Ursache ist, lässt sich jedoch nicht abschließend klären.

Keine Sorge, du musst den Golfsport nicht gleich aufgeben! Vielmehr kannst du dir bewusst werden, wie wichtig die Technik für die Gesundheit deiner Wirbelsäule ist. Nicht ohne Grund leiden vor allem Amateur:innen häufiger unter Rückenschmerzen als Profis.3,11

Es gibt einige Risikofaktoren für Rückenschmerzen beim Golf, auf die du achten solltest. Hierzu gehören3:

  • Eine falsche Ausführung der Schwünge, mit starker seitlicher Beugung oder vermehrter Rotation in der Wirbelsäule, 
  • eine ungewöhnliche Muskelbeanspruchung, besonders für Anfänger:innen oder nach einer längeren Golf-Pause,
  • eine schwache Rumpfmuskulatur,
  • eine eingeschränkte Hüftrotation, beispielsweise durch Funktionsstörungen der Muskeln und Gelenke,
  • eine zusätzliche Fehlbelastung des Rückens durch Tragen statt Ziehen der Schlägertasche.

Kann ich mit Rückenschmerzen Golf spielen?

Hast du plötzliche, starke Rückenschmerzen, sei lieber vorsichtig! Golf ist keineswegs ein rückenschonender Sport. Es ist also wichtig, auf deinen Körper zu hören. 

Bei akuten Rückenschmerzen wirst du wahrscheinlich wenig Lust verspüren, dich auf den Platz zu begeben. Allerdings solltest du dich nicht zu lange schonen und bei Rückenschmerzen schnell wieder auf die Beine kommen. Sofern keine ernsthafte, spezifische Ursache hinter deinen Schmerzen steckt, kannst du deine gewohnte Aktivität wieder aufnehmen. Steig vielleicht nicht sofort wieder voll ins Spiel ein – bei Schmerzen tun deinem Rücken auch Spaziergänge sowie leichte Kräftigungs- und Dehnungsübungen gut. 

Wenn du dir unsicher bist, ob und wie du dich bei Rückenschmerzen bewegen solltest, empfehlen wir dir, einen Arzt bzw. eine Ärztin aufzusuchen. 

Wie kann ich ohne Schmerzen Golf spielen?

Auch hier versucht die Wissenschaft bereits, Antworten zu geben. 

In einer Studie mit einem Golfspieler, der unter Rückenschmerzen litt, wurde seine Muskelaktivität genau gemessen. Während der Untersuchung zeigte sich bei ihm eine eingeschränkte Aktivität vieler Rückenmuskeln.

Ihm wurde ein drei-monatiges Programm verordnet, bestehend aus Muskelaufbautraining und einem Profi-Golftraining, das seine Schwungtechnik verbessern sollte. Nach drei Monaten wurde die Untersuchung wiederholt. 

Das Ergebnis: Der Spieler litt nicht mehr unter Rückenschmerzen. Auch seine Hüftrotation hatte sich verbessert und die Kräfte, die vor dem Training auf Brust- und Lendenwirbelsäule eingewirkt hatten, waren deutlich geringer.13 Erstaunlich, oder?

Dieses Beispiel zeigt, wie effektiv die Technik und auch Kräftigungsübungen sind, um deinen Rücken beim Golf gesund zu halten!

Wie kann ich Rückenschmerzen beim Golf vorbeugen?

Wir raten dir: Tu deinem Rücken etwas Gutes – auch abseits der Driving Range!

Ein regelmäßiges Training für deinen Rücken und deinen Rumpf stärkt deine Muskulatur, die der ideale Schutz für deine Wirbelsäule ist. 

Außerdem wichtig: Wärme dich vor jeder Golf-Session gut auf, egal ob für ein paar Schläge auf der Driving Range oder für eine 18-Loch-Session. Vergiss auch nicht das Dehnen am Ende eines Spiels!13

Selbstverständlich sind auch Golf-Pros gute Ansprechpartner:innen. So kann eine gezielte Anpassung des Schwungs im Rahmen von Trainingsstunden deine Beschwerden mittelfristig lindern und neuen Schmerzen vorbeugen.

Einem rückenfreundlichen Spiel steht also nichts im Weg!

Quellen

  1. Parziale, J.R. and W.J. Mallon, Golf injuries and rehabilitation. Phys Med Rehabil Clin N Am, 2006. 17(3): p. 589-607.
  2. Cole, M.H. and P.N. Grimshaw, The crunch factor’s role in golf-related low back pain. Spine J, 2014. 14(5): p. 799-807.
  3. Lindsay, D.M. and A.A. Vandervoort, Golf-related low back pain: a review of causative factors and prevention strategies. Asian J Sports Med, 2014. 5(4): p. e24289.
  4. McHardy, A.J., H.P. Pollard, and K. Luo, Golf-related lower back injuries: an epidemiological survey. J Chiropr Med, 2007. 6(1): p. 20-6.
  5. Mun, F., et al., Kinematic relationship between rotation of lumbar spine and hip joints during golf swing in professional golfers. Biomed Eng Online, 2015. 14: p. 41.
  6. Woods, T., Tiger Undergoes Successful Back Surgery to Alleviate Pain. 2017: http://news.tigerwoods.com/tiger-undergoes-successful-back-surgery-to-alleviate-pain/.
  7. business, G.f., Der konventionelle Golfschwung.
  8. McHardy A, P.H., Luo K., Golf-related lower back injuries: an epidemiological survey. J Chiropr Med, 2007. 2007;6(1):20–6.
  9. Cole, M.H. and P.N. Grimshaw, The Biomechanics of the Modern Golf Swing: Implications for Lower Back Injuries. Sports Med, 2016. 46(3): p. 339-51.
  10. Vad, V.B., et al., Low back pain in professional golfers: the role of associated hip and low back range-of-motion deficits. Am J Sports Med, 2004. 32(2): p. 494-7.
  11. Shifflett, G.D., et al., Return to Golf After Lumbar Fusion. Sports Health, 2017. 9(3): p. 280-284.
  12. Wikipedia. Elektromyografie.  [cited 2017; Available from: https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromyografie.
  13. Grimshaw PN1, B.A., Case report: reduction of low back pain in a professional golfer. Med Sci Sports Exerc., 2000. 2000 Oct;32(10):1667-73.

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Rehmesmee Gojowy
Lifestyle & Healthcare Copywriterin bei Kaia Health
1 Kommentare

1 Kommentar

  1. Hana

    Ihr habt absolut Recht, dass Golf keine absolut rückenschonende Sportart ist. Ich bin selber Golferin und weiß genau, was für Rücken- und Schulterschmerzen der Golfschwung – insbesondere die falsche Durchführung des Golfschwungs – mit sich bringen kann. Mein Tipp wie bei euch: immer gut Dehnen vor dem Spiel. Das beugt vielen Schmerzen und Verletzungen vor.

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