Fieses Duo: Rückenschmerzen während der Periode
Warum tut der Rücken eigentlich weh, wenn wir unsere Tage haben? Ich habe die Gynäkologin Dr. Michaela Fischbach gefragt! Im Interview verrät sie, woher die fiesen Schmerzen kommen und was Frauen dagegen tun können.

Rehmesmee Gojowy

5 Min. Lesezeit · Mai 7, 2024
Eine Illustration mehrerer Unterhosen, auf denen eine rote Muschel liegt, um die Menstruation darzustellen.

Über Dr. Michaela Fischbach

Unsere Expertin für das Thema Rückenschmerzen und Periode ist Dr. Michaela Fischbach. Dr. Fischbach ist seit über 10 Jahren Frauenärztin und hat sich in dieser Zeit auf die Themen Zyklus und ganzheitliche Frauengesundheit spezialisiert. Ihr Anliegen ist es, Frauen zu helfen, mehr in Einklang mit ihrem Zyklus und ihren Hormonen zu leben. Auf diesem Weg möchte sie ihre Patient:innen unterstützen, Vertrauen in ihren Körper zu entwickeln und sich im Alltag, aber auch während der Periode wohler zu fühlen. Zur Website von Frau Dr. Fischbach.

Hast du schon mal von dem Mythos gehört, dass weibliche Teams produktiver zusammenarbeiten, wenn sich ihre Perioden synchronisieren? Kein Wunder, schließlich ist geteiltes Leid bekanntermaßen halbes Leid! Und davon gibt es eine Menge – zwischen 60 und 90 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter haben jeden Monat Regelschmerzen.

Ein Drittel berichtet außerdem von weiteren psychischen und physischen Symptomen, die dafür sorgen, dass die Bewältigung des Alltags ziemlich herausfordernd ist.2 Umso toller ist es, wenn man den Periodenkummer in dieser Zeit mit seinen Kolleg:innen teilen kann. Schließlich sind Unterleibsschmerzen, Stimmungsschwankungen, Hautirritationen und ein allgemeines körperliches Unwohlsein kein Zuckerschlecken. 

Zu der Achterbahnfahrt körperlicher und psychischer Veränderungen gehören unter anderem auch Rückenschmerzen. Vielleicht kennst du dieses fiese Ziehen und Zwicken, besonders im unteren Rücken, während sich dein Unterleib anfühlt wie ein schwerer, heißer Stein. 

Hast du eine Idee, warum du ausgerechnet Rückenschmerzen bekommst, wenn du deine Tage hast? Einfach gesagt liegt das an der Kontraktion deiner Gebärmutter während deiner Periode. Organisch betrachtet, gibt es über die Faszien eine Verbindung zwischen deinen Geschlechtsorganen, deinem Becken und deiner Wirbelsäule. So können Schmerzreize über die Gebärmutter auch in deinen unteren Rücken ausstrahlen.3 Doch es gibt noch mehr Gründe, warum der Rücken während der Periode schmerzt.

Anlässlich des Welttags der Frauengesundheit am 28. Mai habe ich dazu mit Dr. Michaela Fischbach gesprochen. Im Interview hat sie mir erzählt, woher Rückenschmerzen während der Periode kommen und was wir tun können, damit wir uns trotz Regelschmerzen wohler fühlen. Los geht’s!

Frau Dr. Fischbach, wie oft kommen Frauen mit Rückenbeschwerden zu Ihnen in die Praxis?

Ich habe keine genauen Zahlen, aber es kommt sehr häufig vor. Ich sehe jedoch viele Patient:innen mit altersbedingten Rückenbeschwerden. Für viele ältere Frauen werden Rückenschmerzen irgendwann zum Thema. 

Haben Sie den Eindruck, dass die Patientinnen gut darüber aufgeklärt sind, wie und warum Rückenschmerzen speziell bei Frauen entstehen?

Oft werden Rückenschmerzen einfach hingenommen – „Man hat sie halt”. Dass auch hormonelle Ursachen dahinter stecken können oder dass Rückenschmerzen auch zeitgleich mit der Periode auftreten können, wissen die wenigsten Patientinnen. Weitere Ursachen für Rückenschmerzen können Probleme der Beckenorgane sein, wie zum Beispiel der Harnblase, dem Beckenboden oder das abnehmende Östrogen, was uns Frauen in den Wechseljahren alle betrifft. 

Sie sehen, Rückenschmerzen muss man nicht einfach hinnehmen. Es gibt viele Ursachen und entsprechend viele Wege der Behandlung.

Warum haben Frauen gerade während ihrer Periode häufiger Rückenschmerzen?

Schauen wir uns zunächst an, was im Körper eigentlich los ist. Vereinfacht gesagt, fallen die Hormone Östrogen und Progesteron ab, wenn es nicht zu einer Schwangerschaft kommt. Durch den Abfall des Progesterons werden ganz spezielle Botenstoffe freigesetzt, die sogenannten Prostaglandine. Sie sorgen dafür, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht und dieses Zusammenziehen kann überall hin ausstrahlen – die Beine runter, in den Unterbauch, in die Bänder, zwischen denen die Gebärmutter aufgehangen ist, aber eben auch in den Rücken. Die Kontraktion der Gebärmutter ist natürlich sehr hilfreich, um Blut und Schleimhaut abzustoßen, kann aber zu Beschwerden in anderen Körperregionen führen.

Prostaglandine werden in unterschiedliche Klassen eingeteilt. Für das schmerzhafte Zusammenziehen sind vor allem Prostaglandine der zweiten Klasse zuständig. Diese können sich auch auf den Rücken und speziell die Bandscheiben auswirken. Noch dazu haben wir kurz vor der Periode viel mehr Wasser eingelagert, das wir plötzlich ausschwemmen – Regelbeschwerden sind also ein ziemlich komplexes Zusammenspiel mehrerer Faktoren. 

Gibt es eine Möglichkeit, die Prostaglandine zu beeinflussen und so Schmerzen zu reduzieren?

Nun, Prostaglandine werden durch unseren Lebensstil und besonders durch unsere Ernährung getriggert, die nicht immer optimal ist. Viele von uns nehmen zu viel Omega-6-Fettsäuren zu sich und zu wenig Omega-3-Fettsäuren. Das Verhältnis sollte ausgewogen sein, damit nicht zu viele Prostaglandine der zweiten Klasse gebildet werden. Diese sind regelrechte Schmerztrigger und dafür verantwortlich, dass wir Schmerzen intensiver wahrnehmen.  Omega-3-Fettsäuren wirken sich auf die Prostaglandin-Produktion so aus, dass weniger von der zweiten und mehr von der dritten Klasse gebildet werden, was dem Schmerz entgegenwirkt. 

Wie schätzen Sie den Einfluss psychischer Faktoren bei der Entstehung von Rückenschmerzen während der Periode ein?

Die mentale Gesundheit spielt eine große Rolle! Wenn ich kein gutes Verhältnis zu meiner Periode habe und sehr darunter leide, dann verstärkt die Psyche natürlich die Symptome. 

Frage dich selbst – kannst du deine Periode oder deinen Zyklus aus einer anderen Perspektive betrachten? Vielleicht so, dass du sie positiv oder sogar als Geschenk wahrnehmen kannst! Schließlich signalisiert dir dein Körper, dass du gesund bist, dass du funktionierst – du hast deine Tage, weil dein Körper realisiert, dass du nicht schwanger bist und einen neuen Zyklus startet. Das ist doch wundervoll. 

Bei der Therapie von Rückenschmerzen ist es wichtig, einen ganzheitlichen Blick einzunehmen, um nicht nur die Symptome, sondern auch die Ursachen von Rückenschmerzen zu behandeln. Mich interessiert Ihre Perspektive in Bezug auf die Menstruation – warum ist es wichtig, einen ganzheitlichen Blick auf meinen Zyklus zu entwickeln?

Der Zyklus ist eigentlich dafür da, dass wir uns fortpflanzen – unabhängig davon, was wir selbst wollen. Um sich gut fortpflanzen zu können, braucht es allerdings gute Nährstoffe, möglichst wenig Stress, ausreichend Schlaf und Bewegung. Nur so kann der weibliche Körper gute Eizellen produzieren. Wenn ich hochwertige Eizellen produziere, habe ich auch eine gewisse Hormonbalance. Da heutzutage die oben genannten Voraussetzungen aber nur selten erfüllt sind, kommt es zu hormonellen Dysbalancen und entsprechend auch zu anderen Beschwerden, hauptsächlich in der zweiten Zyklushälfte. Das klassische Prämenstruelle Syndrom (PMS) entsteht. Dazu gehören Übelkeit, Wassereinlagerungen, aber eben auch Rückenschmerzen. 

Haben Sie einen Tipp, was Frauen während ihrer Periode tun können, um Schmerzen zu lindern?

Wichtig ist, in Einklang mit ihrem Zyklus zu leben. Also zu wissen, in welcher Phase sie sind, was ihr Körper braucht, Stichwort zyklusbasierte Ernährung und zyklusbasierter Sport. Es geht darum zu verstehen, dass ich mich nicht zu jeder Zeit im Monat auspowern kann. Wir sind zyklische Wesen und nicht starr. Das bedeutet, dass jeder Tag ein bisschen anders ist. Dahin sollten wir zurückgehen und dem Körper das gönnen, was er braucht. Wenn ich ziemlich am Ende bin und mein Körper nach Ruhe schreit, sollte ich ihm diese Ruhe geben und nicht weiter durch die Woche hechten. 

Der Lebensstil ist ein wichtiger Faktor, das ist ganz klar zu sagen. Am Ende wirkt sich Stress nicht nur negativ auf die Symptome der Periode aus, sondern auch auf Rückenschmerzen!

Vielen Dank Frau Dr. Fischbach für das Gespräch.

Quellen

  1. https://www.deine-gesundheitswelt.de/balance-ernaehrung/regelschmerzen 
  2. https://www.deutscheinternetapotheke.de/magazinwelt-regel-und-zyklusbeschwerden-c-3491 
  3. https://magazin.pronovabkk.de/ausgabe-1-2024/rueckengesundheit/menstruationsrueckenschmerzen/ 
Rehmesmee Gojowy
Lifestyle & Healthcare Copywriterin bei Kaia Health
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