Röntgen, MRT, CT für den Rücken: Wann macht Bildgebung Sinn?

Röntgen, MRT, CT für den Rücken: Wann macht Bildgebung Sinn?

Viele Menschen wünschen sich bei Rückenschmerzen eine medizinische Bildgebung. Aber welche Verfahren gibt es? Und welche Erkenntnisse bringen sie?

Arabella Grandel

5 Min. Lesezeit · Feb 26, 2024
Mehrere Ärzte sitzen über einen Tisch gebeugt über einer Röntgenaufnahme von einem unteren Rücken. Man sieht das Skelett. Eine Ärztin zeigt mit einem Stift auf einen Bereich des Beckens.

Rückenschmerzen betreffen viele von uns und tatsächlich gehören sie zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch in Deutschland!

Tut der Rücken mal so richtig weh, dann stehen wir da und fragen uns: Brauche ich jetzt eine Röntgenuntersuchung, eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder vielleicht sogar eine Computertomographie (CT)? Ganz schön verwirrend, oder? 

Wir zeigen dir, welche Arten der medizinischen Bildgebung es gibt und warum es manchmal Sinn macht, den Rücken im Dunkeln zu lassen. 

Braucht es immer eine Bildgebung bei Rückenschmerzen?

Laut einer Umfrage glauben über die Hälfte der befragten Patient:innen mit Rückenschmerzen, dass nach dem Arztbesuch bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel ein Röntgenbild oder eine MRT, notwendig sind.2 Das ist verständlich, schließlich ist der Rücken das Kernstück unseres Bewegungsapparates und Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen können ziemlich verunsichern.

Die meisten Ärzt:innen sind heutzutage eher zurückhaltend, wenn es um das Thema Bildgebung bei Rückenschmerzen geht. Und das ist auch gut so. Ein Bericht der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2016 zeigt beispielsweise, dass bei Rückenschmerzen tendenziell zu schnell geröntgt wird. Die Strahlenbelastung durch das Röntgen sei damit in vielen Fällen unnötig.3 

Auch bei einer MRT oder CT für den Rücken werden oft Veränderungen gefunden, die mit den Beschwerden nichts zu tun haben. In diesem Fall sprechen Ärzt:innen von einem Zufallsbefund.

Vielleicht hilft es dir, zu wissen, dass eine Bildgebung meist keinen Einfluss auf die Behandlung hat.4 Auch die weitere Entwicklung deiner Schmerzen und mögliche Rückenschmerzepisoden in der Zukunft können mit einer Bildgebung nicht sinnvoll vorhergesagt werden.5

Deshalb gibt es sogar die internationale Empfehlung für Ärzte, zunächst nur bei Hinweisen auf eine behandlungsbedürftige Ursache eine medizinische Aufnahmen des Rückens zu veranlassen.6,7

Bei Nackenschmerzen gelten diese Empfehlungen ebenso, weil auch hier medizinisch wichtige Veränderungen der Wirbelsäule sehr selten sind.8

Wann sagen Ärzt:innen „Ja“ zur Bildgebung?

Okay, nun weißt du, warum Bildgebung nicht immer sinnvoll ist. Aber wann ist es denn nun wirklich an der Zeit für ein Bild deines Rückens? Die einfache Antwort: Nicht so oft, wie du vielleicht denkst. Interessanter Weise zeigen Studien, dass sich die Beschwerden von vielen Patient:innen, die routinemäßig eine Bildgebung bekommen, nicht verbessern.9

Ärzt:innen stehen also vor der Herausforderung, dass sich jedes Jahr Millionen von Menschen mit Rückenschmerzen untersuchen lassen und sie die wenigen Patient:innen erkennen müssen, die wirklich ein Röntgen, ein MRT oder sogar ein CT, brauchen. 

Ob du dazu gehörst, finden die Ärzt:innen bei einer Untersuchung heraus. Stoßen sie auf bestimmte Warnsignale, die sogenannten „Red-Flags”, ist eine Bildgebung durchaus sinnvoll. 

Zu den Red-Flags gehören unter anderem: 

  • Vorhergehendes Trauma, zum Beispiel durch einen Auto- oder Sportunfall, der zu Frakturen geführt haben kann,
  • Hinweise auf das vorliegen einer Osteoporose (Knochenschwund),
  • allgemeine Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Appetitlosigkeit, die auf eine Infektion der Wirbelsäule oder des Knochenmarks hindeuten können
  • Gefühlsstörungen, Taubheit oder Kribbeln in den Beinen, was auf eine Beeinträchtigung der Nerven, beispielsweise durch einen Bandscheibenvorfall hinweisen kann,
  • vermehrtes Wasserlassen oder Stuhlinkontinenz,
  • Tumorerkrankung und/oder Metastasen in der Vorgeschichte, die zu nächtlichen Rückenschmerzen führen können
  • vorhergehende chirurgische Eingriffe am Rücken,
  • zunehmende Steifheit der Wirbelsäule und Morgensteifigkeit3

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten der Bildgebung, die wir hier schon kurz vorgestellt haben. Schauen wir uns nochmal genauer an, welche Erkenntnisse Röntgen, MRT und CT liefern! 

Röntgen bei Rückenschmerzen

Röntgenbilder können von Radiolog:innen und Orthopäd:innen veranlasst werden und sind schnell gemacht. Ein Röntgengerät nutzt Röntgenstrahlen – eine Form von elektromagnetischer Strahlung – um Bilder von Strukturen innerhalb deines Körpers darzustellen. Diese Technik ist besonders gut geeignet, um Knochen und bestimmte Organe zu erkennen. Allerdings zeigen sie nicht alles, was im Rücken los sein kann.  

Einschränkungen und Risiken von Röntgenbildern des Rückens

Die größte Einschränkung von Röntgenbildern ist, dass sie in erster Linie knöcherne Veränderungen darstellen.10 Das heißt, andere wichtige Veränderungen, wie etwa an den Bandscheiben, Bändern und Muskeln, werden beim Röntgen nicht sichtbar. 

Röntgenuntersuchungen der Wirbelsäule sind daher vor allem bei einem Unfall sinnvoll, um einen Bruch auszuschließen oder wenn bei dir ein Verdacht auf anderweitige Veränderungen der Knochen vorliegt. 

Ein weiterer Nachteil von Röntgenuntersuchungen ist die Strahlenbelastung, die ein nachgewiesenes Gesundheitsrisiko darstellt, insbesondere bei jungen Menschen.11,12 Gerade bei Röntgenuntersuchungen der Lendenwirbelsäule ist dieser Faktor sehr wichtig, da die Röntgenstrahlen hier auch in die Nähe der Geschlechtsorgane gelangen. 

Insgesamt wird daher geraten, bei Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule zurückhaltend zu sein, da besonders durch Zufallsbefunde unnötige Verunsicherung entstehen kann. 

CT (Computertomografie) für den Rücken

Eine Computertomographie ist ähnlich wie das Röntgen, nur in 3D! Eine CT kombiniert eine Reihe von Röntgenaufnahmen, die aus verschiedenen Winkeln mithilfe von Computertechnologie aufgenommen werden, um Querschnittsbilder des Körpers zu erzeugen. Diese Bilder bieten mehr Details und Klarheit als Röntgenaufnahmen. Im Bereich der Wirbelsäule können so vor allem feine knöcherne Strukturen gut dargestellt werden.13

Im Gegensatz zur Röntgenuntersuchung entstehen bei der Computertomographie dreidimensionale Bilder- was prinzipiell einen riesen Vorteil darstellt. Leider wird dieser Vorteil nur durch eine erhöhte Strahlung möglich, die zu mehr Strahlenbelastung führt als beim Röntgen.14

CT-Untersuchungen der Wirbelsäule sind nur seltenen Fällen vorbehalten, in denen beispielsweise eine MRT nicht in Frage kommt oder die Knochen besonders genau dargestellt werden sollen, was mit einer CT häufig gelingt.

MRT (Magnetresonanztomographie) für den Rücken

First things first: Wie steht es um deine Grammatikkenntnisse? Vielleicht geht es dir wie unserem Autorenteam, die ihr Leben lang der festen Überzeugung waren, sie gehen bei Bedarf „zum MRT”. Dabei versteckt sich hinter der Abkürzung die Magnetresonanztherapie! Überrascht? Wir auch.

Die MRT ist der Superstar unter den bildgebenden Verfahren für deinen Rücken. Vor wenigen Jahren war die Untersuchung durch eine MRT eine Seltenheit, heute sieht es anders aus: eine MRT wird inzwischen fast so oft durchgeführt wie Röntgenaufnahmen des Rückens. Es gehört damit zu den am häufigsten durchgeführten bildgebenden Verfahren der Wirbelsäule.

Eine MRT zu verstehen, kann am Anfang ein bisschen wie Zauberei wirken, aber wir versprechen dir, es ist einfach nur Wissenschaft. Gegenüber einer CT hat eine MRT zwei entscheidende Vorteile: Sie weisen zum einen keine Strahlenbelastung auf, da die Bilder nicht mit Hilfe von Röntgenstrahlung, sondern durch Magnetfelder entstehen. Zum anderen können MRTs auch Veränderungen der Bandscheiben oder anderer Gewebestrukturen hochauflösend darstellen – und das im Gegensatz zu Röntgenaufnahmen auch dreidimensional.15 

Mit einer MRT kannst du unglaublich detaillierte Bilder von fast allen Körperteilen erhalten, einschließlich Gehirn, Rückenmark, Gelenken, Herz und Blutgefäßen. Es ist besonders gut darin, Weichteilgewebe zu zeigen.

Sollte dein Arzt bzw. eine Ärztin Hinweise auf Red-Flags finden, ist die MRT meist erste Wahl für weitere Diagnostik. Aber auch bei einer MRT muss bedacht werden: Häufig zeigen die Bilder Veränderungen, die mit deinen Beschwerden nichts zu tun haben. 

So hat zum Beispiel über ein Drittel der völlig beschwerdefreien Menschen kleinere Bandscheibenvorfälle, die zwar auf den Bildern der MRT zu sehen sind, aber keine Schmerzen verursachen!16,17

Es gibt sogar Fälle, bei denen diese Zufallsbefunde fälschlicherweise operiert werden – ohne den gewünschten Effekt einer Schmerzlinderung.18 

Kurz gesagt

Rückenschmerzen sind lästig, aber oft nicht so ernst, wie wir befürchten. Wenn dein Arzt oder deine Ärztin keine Red-Flags findet, sind dringend behandlungsbedürftige Veränderungen selten und betreffen weniger als ein Prozent der Patient:innen!19 Weil aber zufällig entdeckte Befunde häufig verunsichern, sollte bildgebende Diagnostik nur dann ausgeübt werden, wenn sie wirklich nötig ist. Bevor du also in die Röhre hüpfst, lass dich gründlich untersuchen und besprich mit deinem Arzt bzw. deiner Ärztin, ob und welche Bildgebung sinnvoll ist. Und denk dran: Die meisten Rückenprobleme lassen sich mit Motivation, Geduld und ein paar guten Rückenübungen lösen. 

Quellen

  1. http://www.gbe-bund.de/gbe10/ergebnisse.prc_tab?fid=15458&suchstring=r%FCckenschmerzen&query_id=&sprache=D&fund_typ=TXT&methode=2&vt=1&verwandte=1&page_ret=0&seite=&p_lfd_nr=1&p_news=&p_sprachkz=D&p_uid=gast&p_aid=40119737&hlp_nr=3&p_janein=J
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26282178 
  3. http://www.leitlinien.de/nvl/html/kreuzschmerz/kapitel-3#section-8 
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21952189
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24276945
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21282698
  7. https://www.nice.org.uk/guidance/NG59/chapter/Recommendations#assessment-of-low-back-pain-and-sciatica
  8. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-007l_S1_Nackenschmerz_2017-01.pdf 
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19200918 
  10. https://www.apotheken-umschau.de/diagnose/roentgenuntersuchung
  11. https://www.gesundheit.gv.at/labor/untersuchungen/mrt-ct-roentgen/roentgen-untersuchung
  12. http://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/bro-roentgen-nutzen-risiko.pdf?__blob=publicationFile&amp%3Bv=8
  13. https://www.apotheken-umschau.de/Rueckenschmerzen/Diagnose-bei-spezifischen-Rueckenschmerzen-12812_7.html
  14. http://www.uni-bonn-radiologie.de/front_content.php?idart=430
  15. http://www.uniklinik-ulm.de/struktur/kliniken/radiologie-diagnostische-und-interventionelle/home/fuer-patienten/untersuchungsspektrum-und-technische-ausstattung/kernspintomographie.html 
  16. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8208267
  17. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19532001
  18. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5106227/#b5-jpr-9-979 
  19. http://annals.org/aim/fullarticle/746774/diagnostic-imaging-low-back-pain-advice-high-value-health-care

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