So revolutioniert Technologie die Behandlung von Rückenschmerzen

So revolutioniert Technologie die Behandlung von Rückenschmerzen

Technologie verändert die Rückenschmerzbehandlung! Erfahre, wie digitale Therapien, Telemedizin und smarte Wearables lange Wartezeiten verkürzen und die medizinische Versorgung verbessern.

Arabella Grandel

6 Min. Lesezeit · Sep 23, 2024
Eine Frau steht in ihrem Wohnzimmer auf einer Fitnessmatte und macht ein Übungsprogramm, das ihr von ihrem Tablet vorgegeben wird.

Egal, wo du auf der Welt bist – Rückenschmerzen sind überall ein Problem! Weltweit sind sie die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit.1
Ein Blick auf die Zahlen macht deutlich, wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind: Im Jahr 2020 waren es 619 Millionen!1 Allein in Deutschland wird jedes Jahr ein Drittel der Bevölkerung wegen Rückenschmerzen behandelt.2,3

Versorgungslücke in Deutschland: Lange Wartezeiten und fehlende Ressourcen

Die flächendeckende Versorgung von Rückenschmerzpatient:innen ist jedoch ein großes Problem. Viele Patient:innen warten häufig monatelang auf einen Termin bei Fachärzt:innen oder der Physiotherapie.
Besonders auf dem Land ist der Zugang zu qualifizierten Behandlungen und Therapieangeboten begrenzt. Der Landesverband der Physiotherapie Mecklenburg-Vorpommern (VDB M-V) schlägt Alarm: Selbst Akutfälle warten vier Wochen auf einen Termin, teilweise werden gar keine Behandlungstermine für neue Patient:innen angeboten.4 

Die Versorgungsengpässe führen zwangsweise dazu, dass Patient:innen lange mit ihren Schmerzen leben müssen. So erhöht sich nicht nur das Risiko für eine Chronifizierung der Schmerzen. Patient:innen nehmen aufgrund der langen Wartezeiten zum Teil monatelang Schmerzmittel oder lassen sich vorschnell operieren. Ein Zustand, den Schmerzmediziner:innen für unzumutbar halten.5

Ein weiteres Problem ist der Mangel an Angeboten für ganzheitliche Behandlungskonzepte. Dabei sind diese bei Rückenschmerzen und chronischen Schmerzerkrankungen nachweislich am wirksamsten.6 Zu diesen ganzheitlichen Behandlungskonzepten zählt auch  die Multimodale Schmerztherapie

Das Therapieprogramm besteht aus körperlichen Bewegungseinheiten, Wissensvermittlung und Stressreduktion, bis hin zu schmerzbezogener Psychotherapie. Aktuell muss man in Deutschland drei Monate auf einen Therapieplatz warten.7 Hinzu kommt die lange Wartezeit bis zur Verordnung. In dieser Zeit können sich Schmerzen bereits chronifizieren – für die Patient:innen kommt die Hilfe im schlimmsten Fall also zu spät. 

Wie können wir das ändern?

Eine mögliche Antwort: Digital Health, zu Deutsch „Digitale Gesundheit”. Darunter werden sämtliche Maßnahmen moderner Technologie und Entwicklungen im Gesundheitswesen zusammengefasst, die versprechen: 

  • Prävention, 
  • Diagnose, 
  • Therapie, 
  • Überwachung 
  • und sogar gesundheitsbezogene Lebensgewohnheiten zu verbessern.8  

Sollte das gelingen, könnte das Gesundheitswesen nicht nur effizienter arbeiten, sondern auch mehr Menschen eine wirksame Behandlung ermöglichen.

In diesem Artikel schauen wir uns genauer an, wie verschiedene Technologien, darunter Wearables, digitale Therapien und Telemedizin, die Rückenschmerzbehandlung revolutionieren. Was sind die Vorteile der digitalen Helfer? Wir geben dir einen Überblick.

1. Wearables: Kleine Helfer für den Alltag

Die Vorstellung, dass ein kleines Gerät am Handgelenk deinen Rücken gesund hält, klingt wie Science-Fiction. Genau das ist heute jedoch Realität.
Tragbare Technologien, sogenannte “Wearables”, gibt es tatsächlich schon seit den Achtzigern! Der finnische Uhrenhersteller Polar brachte 1982 die erste Fitnessuhr mit kabelloser Pulsmessung auf den Markt.9 Seitdem haben sich die kleinen Computer stetig weiterentwickelt.

Heute können sie viel mehr, als nur den Herzschlag messen. Über verschiedene Sensoren erfassen Smartwatches, Smart-Ringe und Fitnessarmbänder deine gesamte physiologische Aktivität.10 Dazu gehört auch deine Haltung. 

Wearables können dich in Echtzeit warnen, wenn du zu lange inaktiv bist oder dich falsch bewegst. Stell dir vor, du sitzt mal wieder am Schreibtisch und bist stundenlang in deine Arbeit vertieft. Plötzlich vibriert dein Wearable. 

Eine sanfte Erinnerung, dass du dich strecken und bewegen solltest. Regelmäßige Bewegung beugt nachweislich Rückenschmerzen vor und kann auch bestehende Schmerzen lindern.

Das ist nur eines von vielen Beispielen, wie Wearables uns langfristig zu einem aktiveren Lebensstil motivieren können. Zudem ermöglichen sie die Eigenüberwachung der Körperfunktionen, was vor nicht allzu langer Zeit nur bei einem Arztbesuch möglich war. 

Vorteile:

  • Frühzeitige Korrektur von Fehlhaltungen
  • Prävention von Verspannungen und Schmerzen 
  • Förderung ergonomischer Prinzipien am Arbeitsplatz, wie beispielsweise aktive Pausen 
  • Überwachung bestimmter Körperfunktionen, wie zum Beispiel Puls, Atemfrequenz oder Schlafrhythmus 

Beim Tragen von Wearables ist zu beachten, dass die kleinen Computer persönliche Daten, darunter sensible Gesundheitsdaten, erfassen und speichern. Es ist wichtig, bei jedem Kauf die Datenschutzerklärung zu lesen und darauf zu achten, wer zur Auswertung deiner Daten berechtigt ist. 

2. Digitale Therapien: Rückenschmerzbehandlung für Zuhause 

Eine der wichtigsten Innovationen in der Rückenschmerzbehandlung sind digitale Therapien und Bewegungsangebote. Heute müssen Patient:innen nicht mehr monatelang auf einen Physio-Termin warten. Stattdessen können sie heute ganz einfach per App personalisierte Übungsprogramme erhalten – und sie bequem von zuhause aus durchführen. 

Kaia Rückenschmerzen Gesundheitsapp entdecken

Apps auf Rezept gibt es bereits seit 2020. Seitdem können die sogenannten Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) von Psychotherapeut:innen und Ärzt:innen verschrieben werden. Da ihre Wirksamkeit in klinischen Studien belegt wurde, bieten sie eine sichere Möglichkeit der Eigenbehandlung ohne lange Wartezeiten und Anfahrtswege.

Auch  Kaia Rückenschmerzen gehört zu den DiGA, also den Apps, die Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen dir auf Rezept verschreiben können, um deine Rückenschmerzen zu behandeln. So wie eine Physiotherapie, wird auch das Bewegungsprogramm von Kaia individuell auf die Nutzenden abgestimmt. Der Therapie-Algorithmus passt das Training beispielsweise der Schmerzintensität und dem gewünschten Schweregrad der Nutzenden an. 

Kaia nutzt außerdem fortschrittliche Technologie zur Bewegungsanalyse. Der sogenannte „Bewegungscoach” begleitet das Bewegungstraining in der App und unterstützt Nutzende bei der korrekten Übungsausführung. Über den Selfie-Modus eines Smartphones- oder Tablets analysiert er die Körperhaltung während des Trainings und gibt motivierendes und korrigierendes Feedback.

Das Besondere an der digitalen Therapie von Kaia ist der multimodale Ansatz. Neben physiotherapeutischen Bewegungsübungen lernen Patient:innen Methoden zur Stressreduktion, wie zum Beispiel Atemübungen, und erhalten jede Menge praktisches Rückenwissen.

(CTA Kaia Digitale Physiotherapie)

Vorteile:

  • Bequem von zu Hause aus durchführbar
  • Personalisiertes Rückentraining   
  • Direkte Verfolgung des Fortschritts
  • Digitaler Bewegungscoach für ein sicheres Training
  • Kostenfrei auf Rezept verfügbar

Alle gesetzlichen und die meisten privaten Krankenversicherungen übernehmen die Kosten einer DiGA.  

3. KI-gestützte Diagnosen: Intelligente Bildauswertung 

Künstliche Intelligenz (KI) spielt eine immer größere Rolle für die Auswertung medizinischer Bildgebung. KI ist heute in der Lage, riesige Datenmengen, zum Beispiel Millionen von Bilder einer Magnetresonanztomographie (MRT), so zu analysieren, dass sie Muster verstehen und interpretieren kann.
Handelt es sich um einen Tumor oder um gesundes Gewebe? Ist diese Vorwölbung der Wirbelsäule besonders entscheidend?11 KI liefert Ärzt:innen eine blitzschnelle, zuverlässige Zweitmeinung und das nicht nur bei der Erkennung von Tumoren.12,13 KI-gestützte Diagnoseverfahren werden mittlerweile in vielen medizinischen Fachbereichen angewandt, zum Beispiel in der Rheumatologie.14 

Patient:innen bieten sie, beispielsweise in Form von Online-Fragebögen, eine niedrigschwellige Möglichkeit, eine Ersteinschätzung ihrer Symptome zu erhalten.8

Das Interessante daran: KI lernt kontinuierlich dazu. Je mehr Ärzt:innen und Patient:innen KI-Systeme nutzen, desto genauer werden die Ergebnisse, weil die Systeme mit jeder Nutzung mehr Datenpunkte haben, mit denen sie lernen. Damit werden nicht nur schneller Diagnosen gestellt, sondern auch die Behandlungsqualität verbessert. Ein weiterer Vorteil: Ärzt:innen haben mehr Zeit, sich um das Wohl ihrer Patient:innen zu kümmern, statt sich durch endlose Aktenberge zu wühlen.

Vorteile:

  • Schnellere und präzisere Diagnosen
  • Höhere Präzision bei der Erkennung von Anomalien und Mustern
  • Entlastung der Ärzt:innen und effizientere Betreuung der Patient:innen

Obwohl KI im Gesundheitswesen viele Vorteile bietet, gibt es auch Risiken, die nicht ignoriert werden sollten. Datenschutz und Sicherheit sind zentrale Anliegen, da sensible Patient:innenendaten verarbeitet werden. Ein weiterer Punkt ist die Abhängigkeit von Algorithmen: Wenn KI-Systeme fehlerhaft sind oder auf unvollständigen Datensätzen basieren, können falsche Diagnosen oder Behandlungsempfehlungen die Folge sein. Schließlich muss sichergestellt werden, dass KI-Systeme transparent sind und ihre Entscheidungen nachvollziehbar bleiben. Ärzt:innen und Hersteller digitaler Gesundheitsanwendungen nutzen KI daher ausschließlich unterstützend. KI hat im medizinischen Kontext keine alleinige Entscheidungsmacht. 

4. Telemedizin: Sprechstunde im eigenen Wohnzimmer

Eine weitere Möglichkeit, die Versorgungslücke für Rückenschmerzpatient:innen zu schließen, ist die Telemedizin

Statt wochenlang auf einen Arzttermin zu warten, können Patient:innen heute per Video-Sprechstunde ärztlichen Rat einholen. Das spart nicht nur Zeit und Mühe, sondern ermöglicht auch eine schnelle Einschätzung und erste Behandlungsempfehlungen, die sofort umgesetzt werden können.
Ärzt:innen können Patient:innen mit Rückenschmerzen in einer Video-Sprechstunde, beispielsweise über TeleClinic, ein sogenanntes Kurzattest für die passende DiGA ausstellen. So erhalten Patient:innen ganz bequem wirksame, digitale Therapien, die im Vergleich zu einem Termin bei der Physiotherapie schneller verfügbar sind.

Vorteile:

  • Schneller Zugang zu ärztlicher Beratung, ohne lange Wartezeiten
  • Bequeme Beratung von zu Hause, unabhängig vom Wohnort
  • Direkte Einschätzung und erste Behandlungsempfehlungen 

Kurz gesagt 

Technologische Innovationen eröffnen enorme Möglichkeiten, die Behandlung und Versorgung von Rückenschmerzpatient:innen zu verbessern. Digitale Therapien, Telemedizin und KI-gestützte Diagnosen sorgen dafür, dass Patient:innen schneller behandelt und individueller versorgt werden können. 

In der Realität liegt jedoch noch viel Arbeit vor uns, denn die flächendeckende Integration dieser Technologien in den Versorgungsalltag stößt auf einige strukturelle Hürden. Zudem besteht das Risiko, dass nicht alle Patient:innen von den Vorteilen profitieren können – insbesondere diejenigen, die weniger technikaffin sind. 

Dennoch gibt es jetzt schon viele Angebote, die den Alltag von Rückenschmerzpatient:innen erheblich verbessern können und leicht zugänglich sind. Wir hoffen, dass wir euch einen kleinen Überblick darüber geben konnten, wie diese Neuerungen heute schon nutzbar sind.

Quellen

  1. https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/rueckenschmerzen-weltweit-die-haeufigste-ursache-fuer-arbeitsunfaehigkeit-a-aacf19d7-e5ed-4b5d-9048-762ff96acfef
  2. https://www.wido.de/news-presse/pressemitteilungen/2023/gesundheitsatlas-rueckenschmerzen/ 
  3. https://www.aok.de/pp/gg/update/rueckenschmerzen/#:~:text=Krankschreibungen%20wegen%20R%C3%BCckenschmerzen%20wirken%20sich,31%2C4%20Prozent%20der%20Bev%C3%B6lkerung 
  4. https://www.aerztezeitung.de/Nachrichten/Physiotherapeuten-Wartezeiten-auf-Termin-immer-laenger-439183.html 
  5. https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Unzumutbare-Wartezeiten-fuer-Schmerzpatienten,schmerzpatienten102.html 
  6. https://www.schmerzgesellschaft.de/topnavi/patienteninformationen/netzwerke-der-versorgung/interdisziplinaer-multimodale-schmerztherapie 
  7. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66226/Chronische-Schmerzen-Zu-oft-werden-Patienten-mit-Spritzen-behandelt#:~:text=%E2%80%9EDie%20Wartezeit%20auf%20eine%20multimodale,wir%20in%20Deutschland%20nicht%20klagen
  8. https://www.iese.fraunhofer.de/content/dam/iese/publikation/digitale-gesundheitsversorgung-2033-fraunhofer-iese.pdf 
  9. https://www.runnersworld.de/alle-marken/polar/ 
  10. https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Verbraucherinnen-und-Verbraucher/Informationen-und-Empfehlungen/Internet-der-Dinge-Smart-leben/Smart-Home/Wearables/wearables_node.html#:~:text=Wearables%20sind%20kleine%20Computersysteme%2C%20die,(Apps)%20bewerten%20zu%20lassen
  11. https://www.mdr.de/wissen/kuenstliche-intelligenz-hilfe-bei-rueckenschmerzen-100.html 
  12. Bonekamp D, Schlemmer HP. Maschinelles Lernen und multiparametrische MRT in der Früherkennung des Prostatakarzinoms. Urologe (2021) 60, 576–591.
  13. Maryann H, Harvey H. Artificial intelligence in diagnostic imaging: impact on the radiography profession. Br J Radiol. 2020 Mar; 93(1108): 20190840.
  14. https://www.gesundheit-digital-forum.de/de/themen/allgemein/ki-in-der-medizinischen-bildgebung 
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