Übungen bei Rückenschmerzen: So findest du Motivation

Übungen bei Rückenschmerzen: So findest du Motivation

Wir wollen dich motivieren, im Alltag aktiver zu werden und deinen Rücken fit zu halten! Warum? Weil Bewegung für deinen Rücken die beste Medizin ist – auch bei Schmerzen.

Arabella Grandel

5 Min. Lesezeit · Apr 3, 2024
Frau mit dunkler Hautfarbe dehnt sich am Straßenrand.

Wenn der Rücken schmerzt, denken wir intuitiv nicht daran, uns zu bewegen. Schließlich verzichten wir bei einer Magen-Darm-Grippe auch zunächst auf das Essen! Klar, bei Schmerzen möchten wir uns schonen und gehen erstmal allem aus dem Weg, was unsere Beschwerden verschlechtern könnte. 

Aber ist das immer sinnvoll? Vielleicht fragst du dich, ob und wie du dich mit Rückenschmerzen bewegen sollst. Oder du bist dir unsicher, ob deine Schmerzen durch Bewegung noch stärker werden. 

Wir sind diesen wichtigen Fragen nachgegangen und haben Studien sowie  Expert:innen-Meinungen ausgewertet. Außerdem geben wir dir ein paar Motivations-Tipps, wie du deinen Rücken mit einem regelmäßigen Training fit halten kannst – auch von zuhause aus! 

Wir möchten gleich betonen, dass sich die meisten Studien auf sogenannte nicht-spezifische Rückenschmerzen beziehen. Ärzt:innen bezeichnen damit Rückenschmerzen, denen keine eindeutige Ursache zugrunde liegt, die dringend behandelt werden muss. Wenn du unsicher bist oder aktuell zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall oder eine Verletzung an deiner Wirbelsäule hast, solltest du beim Thema Bewegung unbedingt den Empfehlungen deines Arztes bzw. deiner Ärztin folgen. 

1. Bewegung oder Ruhe bei Schmerzen: Was hilft mir besser?

Gerade bei erstmalig auftretenden oder akuten Schmerzen wünschen wir uns zunächst Ruhe. Kurzfristig ist es sicherlich ratsam, die Belastung zu reduzieren. Leider tendieren wir aber dazu, uns länger als nötig auszuruhen. Aber was passiert, wenn wir dem Impuls zur absoluten Schonung nachgeben und einfach im Bett oder auf der Couch liegen bleiben?

Diese Frage wurde schon in zahlreichen medizinischen Studien untersucht.1 Ihre Antworten sind eindeutig: Sind wir körperlich in der Lage, uns zu bewegen, sollten wir das so schnell wie möglich tun und unsere gewohnten Alltagsaktivitäten wieder aufnehmen! Fakt ist, dass ein übermäßiges Schonverhalten die Beschwerden mittel- und langfristig nicht bessert, sondern sogar nachweislich verschlechtert.2,3

Auch unsere Psyche spielt eine Rolle: Je mehr Angst wir vor auftretenden Schmerzen haben, desto mehr versuchen wir, ihnen aus dem Weg zu gehen. Dabei schränken wir nicht nur unsere Bewegungen ein. Haben wir Angst vor einer Verschlechterung der Schmerzen, kann das zu einem Rückzug aus Bereichen des privaten und des beruflichen Lebens führen.4 Daher sind sich Expert:innen weltweit einig: Längere Schonung bei Rückenschmerzen führt statt 

 zu Linderung, sogar zu Isolation und Rückzug aus dem Alltag. 1, 5, 6

Die geltende deutsche VersorgungsLeitlinie rät ebenfalls, sich zur Behandlung von Kreuzschmerzen, schnellstmöglich wieder so zu bewegen, wie man es vor den Schmerzen getan hat.7

2. Sind Übungen bei Rückenschmerzen gefährlich? 

Wenn keine Warnzeichen, sogenannte „Red-Flags”, für einen gefährlichen Verlauf der Rückenschmerzen sprechen, wie beispielsweise Ausfallerscheinungen an den Beinen oder eine Krebserkrankung in der Krankengeschichte, ist es unwahrscheinlich, dass Rückenschmerzen eine bedrohliche Ursache haben.8,9

Wenn du in deinen Körper hinein spürst und nur entsprechend deiner Leistungsfähigkeit und deinem Schmerzniveau vorgehst, ist es laut einer Studie sehr unwahrscheinlich, dass deine Beschwerden durch die Bewegung schlechter werden.10 

3. Welche Übungen sind bei Rückenschmerzen besonders hilfreich?

Prinzipiell gilt, dass körperliche Bewegung an sich bereits hilft, Rückenschmerzen zu lindern. Dabei ist es nicht entscheidend, auf welche Art und Weise wir uns körperlich bewegen – Hauptsache, wir tun es!11 Viel wichtiger ist es, dass wir es regelmäßig tun und auch langfristig dabei bleiben. 

Lohnt es sich dann überhaupt, spezielle Rückenübungen durchzuführen? Die kurze Antwort ist: Ja! Ein Blick auf die Funktionen der Muskulatur erklärt, warum:

  • Deine Wirbelsäule stabilisiert sich nicht von selbst, tatsächlich ist sie auf die Mithilfe deiner Rückenmuskulatur angewiesen.12 Dieser Herausforderung ist eine gut trainierte Rückenmuskulatur bestens gewachsen. Außerdem ermöglichen die Rückenmuskeln eine Vielzahl von Bewegungen der Wirbelsäule, einschließlich Beugung (Vorwärtsbewegung), Extension (Rückwärtsbewegung), Lateralflexion (Seitwärtsbewegung) und Rotation. Nun kannst du dir vielleicht vorstellen, dass eine schwache Muskulatur eine direkte Auswirkung auf all diese Bewegungsabläufe hat.
  • Im Alltag bewegen wir uns aufgrund unseres Lebensstils oft sehr einseitig. Langes Sitzen oder Stehen führen dazu, dass wichtige stabilisierende Muskeln an der Wirbelsäule oft unzureichend ausgebildet sind – einfach deshalb, weil sie nicht gebraucht werden. Eine Rückbildung der Rückenmuskulatur ist gerade bei Patient:innen mit länger bestehenden Rückenschmerzen oft deutlich zu beobachten.13, 14
  • Durch einseitige Bewegung bilden sich nicht nur Muskeln in ihrer Funktion zurück, auch die Muskelhäute, die sogenannten Faszien, spielen eine Rolle. Studien haben eine Verkürzung der Faszien des Rückens bei Patient:innen mit Rückenschmerzen beobachtet.15 Dafür spricht, dass auch Dehnungsübungen gegen Rückenschmerzen helfen können.16
  • Einige Rückenmuskeln, wie der Trapezmuskel und der Latissimus dorsi, sind entscheidend für die Bewegung der Schultern und Arme. Sie ermöglichen Aktionen wie das Heben der Arme, das Ziehen und das Drehen der Schulter. Sind diese Muskeln verkürzt oder verspannt, kann das Nackenschmerzen verursachen und sich negativ auf die Beweglichkeit deiner Schultern und Arme auswirken.

Wirkungsvoll bei Rückenschmerzen: Training für den Körperkern und die Haltemuskulatur 

Ein Training der stabilisierenden Rückenmuskeln und des unteren Rumpfs, gilt mehreren Studien zur Folge als besonders wirksam.17 So empfehlen Expert:innen in der Tat häufig Übungen zum Training der Körperkern-Muskulatur zwischen Zwerchfell und Hüfte, manchmal auch in Kombination mit Dehnungsübungen als Schutz vor dem Auftreten weiterer Beschwerden.18,19

Der komplexe Aufbau der stabilisierenden Muskulatur des Körperkerns macht verhältnismäßig komplexe Übungen nötig, die einen oder mehrere dieser Bereiche gleichzeitig trainieren. Die gute Nachricht: Bauchmuskeln und Rumpf lassen sich auch von zuhause aus ganz einfach trainieren! Bei der Zusammenstellung eines wirkungsvollen Trainingsplans ist allerdings zu beachten, dass die Übungen einzelne Teile des Rückens, aber auch den gesamten Körper ansprechen. 

Wie motiviere ich mich für das Rückentraining für Zuhause?

Geräte sind für ein wirkungsvolles Training bei Rückenschmerzen nicht unbedingt notwendig. Die größte Herausforderung für das Heimtraining: Die Motivation und die persönliche Zeiteinteilung!20 

Jeder von uns kennt das: Wir nehmen uns fest vor, aktiver zu sein und regelmäßige Übungen zu machen, aber trotzdem ist der „innere Schweinhund“ groß und die Umsetzung fällt oft schwer. Was kann helfen, die eigene Motivation zu steigern?

Expert:innen unterscheiden zwischen zwei Arten, sich anzutreiben: Zum einen gibt es die innere, aus sich selbst entstehende Motivation, die sogenannte intrinsische Motivation. Sind wir intrinsisch motiviert, erledigen wir Aufgaben, weil sie uns aus einer inneren Neugier heraus interessieren, herausfordern oder ganz einfach Freude machen.

Die zweite Möglichkeit, uns zu motivieren, entsteht durch äußere Anreize, wie eine Belohnung oder ein Ziel, das es zu erreichen gilt. Beispiele dafür sind mehr Kondition oder auch, am Ende eines Workouts lecker zu essen. Der Antreiber dafür, diese Ziele zu erreichen, ist die sogenannte extrinsische Motivation.21,22, 23

Beide Arten der Motivation kannst du nutzen, um Rückenübungen in deinen Alltag zu integrieren. Schau, was dich motiviert und halte dich daran: Ist es vielleicht, dass du wieder unbeschwerter deinen liebsten Freizeitaktivitäten nachgehen möchtest? Oder liebst du einfach die körperliche Bewegung, dich zu spüren, und das gute Gefühl nach dem Training?

Was es auch ist, Ziel sollte sein, mindestens zwei Wochen lang regelmäßig zu trainieren und so eine erste Routine zu bilden. Ob du das geschafft hast, wirst du daran merken, dass du deine Übungen vermisst, wenn du sie einige Tage ausfallen lässt. 

Unser Motivationstipp: Glaub an dich!

Schon gewusst? Wenn du selbst daran glaubst, dass du eine Veränderung herbeiführen kannst, wird sie dir eher gelingen!

So haben Wissenschaftler:innen herausgefunden, dass Veränderungen, die man sich selber zuschreibt, einem deutlich leichter fallen. Dieses Gefühl wird auch Kontrollüberzeugung genannt – sie hilft dir, motiviert zu bleiben und ein Projekt aktiv anzugehen, da du überzeugt bist, selbst einen Einfluss auf das Ergebnis zu haben. 

Das Gefühl der Kontrollüberzeugung hängt eng zusammen mit dem Gefühl der Selbstwirksamkeit – der Erwartung, neue Herausforderungen aufgrund deines Könnens gut bewältigen zu können.21,24,25

Bezogen auf das Rückentraining heißt das: Vertraue dir, dass du die Linderung deiner Schmerzen selbst in die Hand nehmen kannst! Wenn du eine regelmäßige Übungsroutine in deinen Alltag integrierst, wirst du bald Ergebnisse spüren und darüber hinaus die Erfahrung machen, dass du deine Schmerzen eigenständig managen kannst. Worauf wartest du? 🙂

Quellen

  1. http://www.leitlinien.de/nvl/html/kreuzschmerz/kapitel-5
  2. www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/gesundheitspfad-ruecken
  3. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20556780
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24614254
  5. https://www.nice.org.uk/guidance/ng59
  6. http://annals.org/aim/article/2603228/noninvasive-treatments-acute-subacute-chronic-low-back-pain-clinical-practice
  7. http://www.leitlinien.de/nvl/kreuzschmerz/flyer
  8. http://www.patienten-information.de/mdb/downloads/nvl/kreuzschmerz/kreuzschmerz-1aufl-vers2-pll.pdf
  9. http://www.leitlinien.de/nvl/html/kreuzschmerz/kapitel-3
  10. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24614254
  11. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19185272
  12. http://www.patienten-information.de/mdb/downloads/nvl/kreuzschmerz/kreuzschmerz-2aufl-vers1-pll.pdf
  13. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28456669
  14. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27676689
  15. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27064338
  16. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23266331
  17. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27849389
  18. https://www.nsca.com/uploadedFiles/NSCA/Resources/PDF/Education/Articles/NSCA_Classics_PDFs/Core%20Training%20Evidence%20Translating%20to%20Better.pdf
  19. https://de.wikipedia.org/wiki/Core-Training
  20. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22126223
  21. Hogg, M.A. & Vaughan, G. M. (2011). Social Psychology. Essex: Pearson. 
  22. Vallerand, R. J. (1997). Toward a hierarchical model of intrinsic and extrinsic motivation. In M. P. Zanna (Ed.), Advances in experimental social psychology (Vol. 29, 271-360). New York: Academic Press.
  23. Vallerand, R. J. (2007). A hierarchical model of intrinsic and extrinsic motivation for sport and physical activity. In M. S. Hagger & N. L. D. Chatzisarantis (Eds.), Self-determination theory in exercise and sport (pp. 255-279). Champaign, IL: Human Kinetics.
  24. Bandura, A. (1977). Self-Efficacy Toward a Unifying Theory of Behavioral Change. Psychological Review, 84 (2), 191-215.
  25. Bandura, A. (1982). Self-Efficacy Mechanism in Human Agency. American Psychologist, 37 (2), 122-147.
Arabella Grandel
1 Kommentare

1 Kommentar

  1. Hana

    Toller Beitrag – vielen Dank für die Aufklärung zur Bedeutsamkeit von Bewegung bei Rückenschmerzen!

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