Die Ursachen: Wie entsteht ein Bandscheibenvorfall?
Bandscheibenvorfälle sind in aller Regel die Folge von Abnutzungserscheinungen, sogenannten degenerativen Veränderungen, der Wirbelsäule.6
Schon gewusst? Auch wenn die Beschwerden oft akut auftreten, liegt nur selten eine akute Verletzung der Bandscheibe vor. Der Vorfall ist meistens die Folge eines schleichenden Prozesses.
Aufbau und Funktion von Bandscheiben und Wirbelsäule
Stell dir deine Wirbelsäule wie eine Perlenschnur vor. Zwischen den einzelnen Perlen, unseren Wirbeln, liegen kleine Kissen – die Bandscheiben.
Diese Kissen haben mehrere Funktionen: Zum einen können sie auf Erschütterungen wie eine Art Stoßdämpfer reagieren, zum anderen verformen sie sich bei Bewegungen der Wirbelsäule und tragen so zu deiner Flexibilität bei. Ohne deine Bandscheiben hättest du also ziemliche Schwierigkeiten, dich zu strecken oder zu beugen.7
Bandscheiben bestehen aus einem harten, faserigen ringförmigen Außenteil, in der Fachsprache Anulus fibrosus genannt, und einem verhältnismäßig weichen, gallertartigen Kern, dessen Name jedem Zauberspruch aus Harry Potter Konkurrenz machen würde – dem Nucleus pulposus.8
Übrigens ist es keine Magie, dass wir abends kleiner sind als morgens. Durch die Schwerkraft und das Eigengewicht des Körpers wird das Wasser im Laufe eines Tages aus dem weichen Bandscheibenkern herausgepresst, was bis zu drei Zentimeter an Körpergröße ausmacht.9,10
Bandscheiben haben nach dem Kleinkindalter keine eigene Blutversorgung, weshalb sie das Wasser in der Regel nicht über die Blutbahn aufnehmen, sondern durch einen steten Wechsel von Belastung und Entlastung aus ihrer Umgebung aufsaugen.11 Ist die Aufnahme von Wasser nicht ausreichend, wird der eigentlich weiche Kern der Bandscheibe über die Zeit härter. Auch bilden sich im faserigen Ring kleine Risse, die durch die Unterversorgung mit Wasser und Nährstoffen nicht ausheilen und zu Abnutzungserscheinungen führen können.
Abnutzungserscheinungen (Degeneration): So entsteht ein Bandscheibenvorfall
Wenn der Kern einer Bandscheibe zu sehr Druck macht, kann das zu zwei Problemen führen. Entweder schiebt er den Ring nach außen, sodass eine Vorwölbung entsteht, das nennt sich Bandscheibenprotrusion, oder er bricht komplett durch den Ring durch. Bei einem Durchbruch hast du den klassischen Bandscheibenvorfall, der von Mediziner:innen übrigens auch Diskushernie genannt wird.
Gut zu wissen: Auch wenn Protrusion bereits Beschwerden verursacht, ist der Faserring trotz der Vorwölbung noch intakt. Das ist der Unterschied zu einem Bandscheibenvorfall, bei dem der Gallertkern auf die Nervenwurzel drücken kann.
Bandscheibenveränderungen können sowohl seitlich (lateral) als auch mittig (medial) vorkommen. Seitliche Bandscheibenvorfälle drücken eher auf die seitlich austretenden Nervenwurzeln, während sich mittlere Bandscheibenvorfälle in den Rückenmarkskanal hineinwölben können. Autsch, das tut schon beim Lesen weh.
Übrigens treten Bandscheibenvorfälle ab dem 50. Lebensjahr seltener auf, da der Kern im Alter weiter aushärtet und seltener nach außen gedrückt wird. Das ist ein entscheidender Grund, warum Bandscheibenvorfälle zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr am häufigsten sind, obwohl mit zunehmendem Lebensalter natürlich auch die Abnutzung immer weiter voranschreitet.12
Wodurch entstehen die Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall?
Ärzt:innen dachten lange, dass die Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall durch den Druck des austretenden Bandscheibengewebes auf die Nervenwurzel verursacht werden. Aber das Ganze ist ein bisschen wie bei einem guten Krimi: viel verzwickter, als man denkt.13,14
Heute weiß man, dass der reine Kontakt zwischen Bandscheibengewebe und Nervenwurzel reicht, um starke Schmerzen auszulösen – auch ohne nennenswerten Druck durch austretendes Bandscheibengewebe.15 Mediziner:innen sind der Meinung, dass der Kontakt eher eine Entzündungsreaktion im Nerven hervorruft, die sehr stark schmerzen kann.16
Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule (LWS)
Deine Lendenwirbelsäule ist ein kleines Wunderwerk. Sie trägt die meiste Last deines Körpers und ist dabei super beweglich. Auf ihr ruht eine höhere Belastung als auf der Hals- oder Brustwirbelsäule, deshalb treten etwa 90 Prozent der Bandscheibenvorfälle an der LWS auf.17 Genau in diesem Bereich, wo die Wirbelsäule auf das Kreuzbein trifft, passiert es. Bandscheibenvorfälle in dieser Region werden mit L4/5 und L5/S1 näher bezeichnet. Dort kriegen die Nerven den Stress am meisten zu spüren.18
Die restlichen 10 Prozent sind überwiegend Bandscheibenvorfälle der Halswirbelsäule (HWS) und betreffen insbesondere den unteren Bereich der HWS am Übergang zur Brustwirbelsäule. Bandscheibenvorfälle der Brustwirbelsäule (BWS) dagegen sind ziemliche Exoten und verhältnismäßig selten.19