Wie ist der Rücken aufgebaut? Ein anatomischer Überblick

Rehmesmee Gojowy
  • 6 Min. Lesezeit
  • Sep. 23, 2024

Dein Rücken ist ein wahres Wunderwerk der Evolution! Wir erklären dir, wie das Zusammenspiel deiner Wirbelsäule mit den umliegenden Muskeln funktioniert. Keine Sorge, das wird kein trockener Theorie-Vortrag aus einem Lehrbuch.
Mit uns begibst du dich auf eine Entdeckungsreise durch die Anatomie des Rückens, um dieses wichtige Körperteil besser zu verstehen.

Und mal ehrlich, der Rücken verdient unsere Aufmerksamkeit – schließlich lässt er uns aufrecht durchs Leben gehen!

Die Wirbelsäule: Aufbau und Funktion

Wenn wir über den Rücken sprechen, müssen wir mit dem Star der Show beginnen: deiner Wirbelsäule! Mit ihren 33 Wirbeln ist sie die zentrale Stütze deines Rückens. Die Wirbelsäule lässt sich in 5 Abschnitte unterteilen:1

  1. Halswirbelsäule (HWS):
    Zu deiner HWS gehören die obersten 7 Wirbel. Sie sorgen dafür dass du deinen Kopf in alle Richtungen bewegen kannst.
    Der Kopf wiegt im Durchschnitt ungefähr 5 Kilogramm.2 Deine Halswirbelsäule balanciert also jeden Tag zuverlässig eine große Bowlingkugel!
  1. Brustwirbelsäule (BWS):
    Die 12 Brustwirbel befinden sich in der Mitte deines Rückens. Jeder Wirbel trägt zu seiner Linken und Rechten jeweils eine Rippe. Zusammen mit den umliegenden Muskeln und dem Brustbein, lat. Sternum, bilden sie den Brustkorb. Dieses Gerüst schützt deine inneren Organe und gibt deinem Oberkörper Stabilität. Aufgrund dieser wichtigen Aufgabe sind die Brustwirbel kräftiger und stabiler als die Halswirbel.3
    Damit sich dein Skelett beim Ein- und Ausatmen mitbewegen kann, verfügt die Brustwirbelsäule außerdem über kleine Rippen-Wirbelgelenke, die für Flexibilität sorgen. Ganz schön schlau, was sich die Natur hier ausgedacht hat, oder?3,4
    1. Lendenwirbelsäule (LWS):
      Deine LWS besteht aus den letzten 5 beweglichen Wirbeln. Die Lendenwirbelsäule ist so etwas wie das Arbeitstier deines Rückens, denn sie trägt das gesamte Gewicht deines Rumpfes. Außerdem ist sie dafür zuständig, dass du dich überhaupt aufrichten kannst.
      Die LWS wird beim Bücken und Heben stark beansprucht.5 Kein Wunder also, dass 80 Prozent aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben Schmerzen im unteren Rücken haben.6
  1. Kreuzbein (Os sacrum):
    Das Kreuzbein besteht aus 5 miteinander verwachsenen Wirbeln, die eine stabile Verbindung zwischen der Lendenwirbelsäule und dem Becken herstellen.
    Du kannst dir das Kreuzbein wie eine Brücke zwischen der Wirbelsäule und den unteren Extremitäten vorstellen. Es und verteilt das Gewicht deines Oberkörpers auf deine Beine.7
  1. Steißbein (Os coccygis):
    Das Steißbein besteht aus 3-5 Wirbeln, die ebenfalls miteinander verwachsen sind. Tatsächlich ist dein Steißbein ein Überbleibsel der Evolution, das heute keine funktionale Bedeutung mehr hat. Ursprünglich war es ein Teil der Schwanzwirbelsäule, die sich beim Menschen über die Jahrtausende zurückgebildet hat.8

Auch wenn das Steißbein keine echte Aufgabe mehr hat, verfügt es über eine eigene Intelligenz: Bei einer Geburt wird das Steißbein einer Frau unter dem Kreuzbein nach hinten weggeklappt, um im Bereich des Beckens für das Baby Platz zu schaffen.7 Wow!

Fun Fact: Wusstest du, dass die Wirbelsäule nicht gerade ist? Sie hat eine natürliche S-Form, auch Doppel-S-Kurve genannt.9 Diese Krümmung hilft, Erschütterungen abzufedern und beim Gehen, Rennen und Springen die Balance zu halten. Ohne diese Krümmung wären wir also ziemlich wackelig unterwegs!

Übrigens wird die natürliche Vorwärtskrümmung der Hals- und Lendenwirbelsäule als Lordose bezeichnet. Brustwirbelsäule und Kreuzbein krümmen sich nach hinten. Diese Krümmung nennt sich Kyphose.10

Wie funktioniert die Wirbelsäule?

Deine Wirbelsäule ist ein komplexes Puzzle aus mindestens 10.000 Teilen. Die einzelnen Wirbelabschnitte kennst du jetzt. Sie funktionieren aber nur dank der Bandscheiben, die wie kleine Wasserkissen zwischen den einzelnen Wirbeln liegen und sie miteinander verbinden. Insgesamt hast du davon 23.
Jede Bandscheibe hat einen knorpeligen Faserring und einen weichen Kern, der bis zu 85 Prozent aus Wasser besteht.11 Du kannst sie dir wie kleine Stoßdämpfer vorstellen. Ohne die Bandscheiben würden die Knochen bei jeder Bewegung aneinander reiben, was zu starken Schmerzen führen würde.

Fun Fact:

Wusstest du, dass deine Bandscheiben im Laufe des Tages schrumpfen? Wenn du morgens aufstehst, bist du etwa 1-2 Zentimeter größer als abends. Das liegt daran, dass zum Beispiel Sitzen und Stehen Druck auf die Bandscheiben ausüben. Im Laufe des Tages wird das enthaltene Wasser also herausgepresst. Während du schläfst, füllen sie sich wieder mit Wasser auf und lassen dich wachsen.12

Kommen wir nun zum zweiten Teil unserer Körperreise. Denn auch die Wirbelsäule kann ihrer Aufgabe nur nachkommen, weil sie dabei starke Helfer hat.

Die Rückenmuskulatur: Aufbau und Funktion

Ein großer Teil deines Rückens besteht aus Muskeln. Insgesamt hast du 150 davon! Sie stützen die Wirbelsäule, verleihen Kraft und sind der Motor für alle deine Bewegungen. Für deine Beweglichkeit sind sie also unerlässlich. Grundsätzlich besteht deine Rückenmuskulatur aus zwei Schichten:

  1. Die tiefe Rückenmuskulatur

Besonders wichtig für die Rückengesundheit ist die Tiefenmuskulatur, die sogenannte autochthone Muskulatur.13 Ihre Muskeln sind die „unsichtbaren Helden“. Sie verlaufen entlang der Wirbelsäule und sorgen dafür, dass sie stabil bleibt.

Die Musculus multifidus verdienen besondere Beachtung. Dabei handelt es sich um kleine, aber mächtige Muskeln, die sich zwischen den einzelnen Wirbeln befinden. Wenn diese Muskeln schwächeln, sind Rückenschmerzen oft die Folge. Ein starkes Muskelkorsett rund um die Wirbelsäule gilt als der wichtigste Faktor für einen schmerzfreien Rücken.13

Fun Fact:

Deine autochthone Muskulatur kannst du nicht durch deinen Willen steuern, bzw. bewusst anspannen. Sie arbeitet nur reaktiv und ist ständig dabei, deinen Körper auszubalancieren.13 Dabei hilft ihr auch ein dichtes Netz aus Muskelhäuten, die sogenannten Faszien.
Sind deine Multifidusmuskeln gut trainiert, erhöht sich die Spannung der Faszien, was deinem Rücken zusätzlich Stabilität verleiht.14

Die tiefe Rückenmuskulatur wird übrigens als primäre Rückenmuskulatur bezeichnet.15

  1. Die oberflächliche Rückenmuskulatur

Kommen wir zur sekundären Rückenmuskulatur. Wir sprechen von den Muskeln, die du bewusst anspannen kannst und die bei entsprechendem Training unter der Haut sichtbar werden. Die wichtigsten unter ihnen sind:

  • Der berühmte Musculus Latissimus dorsi: Er zieht sich auf beiden Seiten deines Rückens entlang und gibt dir die Kraft, deine Arme in die Luft zu strecken oder etwas Schweres hochzuheben. Ein trainierter „Lats“ sorgt übrigens auch für die typische V-Form des Oberkörpers bei Menschen, die intensiv Krafttraining betreiben. Auch bei Klimmzügen ist der Latissimus im Einsatz.
  • Der Musculus Trapezius: Ein Muskel, den man definitiv nicht übersehen kann, ist der Trapezmuskel. Er sieht aus wie ein großes Dreieck und erstreckt sich vom Nacken bis zur Mitte deines Rückens. Dieser Muskel hilft dir, deinen Nacken, deine Schultern und deinen Kopf zu bewegen.16 Wenn du nach einem langen Arbeitstag Nackenverspannungen hast, dann spürst du meist den Trapezmuskel.
  • Die Rautenmuskeln, Musculus rhomboideus minor et major. Diese beiden kleinen, aber kräftigen Muskeln verbinden die Wirbelsäule mit den Schulterblättern. Sie sorgen dafür, dass deine Schulterblätter „in Position“ bleiben und nicht einfach nach vorne fallen.17

Welche Bereiche des Rückens sind besonders anfällig für Schmerzen?

Wie bereits erwähnt, ist die Lendenwirbelsäule ein Hotspot für Rückenschmerzen. Der Grund dafür ist einfach: Hier wird das meiste Körpergewicht getragen. Die Lendenwirbel müssen ziemlich viel arbeiten, um dich beweglich und aufrecht zu halten. Bei einer falschen Körperhaltung oder starker Belastung, zum Beispiel durch langes Sitzen oder schweres Heben, sind Schmerzen oft die Folge.18

Durch die täglichen Belastung ist die Lendenwirbelsäule besonders anfällig für Verschleiß. Das Facettensyndrom, eine schmerzhafte Reizung der Wirbelgelenke, tritt beispielsweise am häufigsten im unteren Rücken auf.19

Eine andere Problemzone ist die Halswirbelsäule, vor allem aufgrund unserer modernen Lebensgewohnheiten. Mal ehrlich: Wie oft schaust du täglich auf dein Smartphone oder Tablet? Hier kommt der Begriff „Handynacken“ ins Spiel. Der ständige Blick nach unten ist eine enorme Belastung für die Nackenmuskulatur. Dein Kopf wiegt zwar „nur” um die 5 Kilogramm, aber wenn du ihn nach vorne neigst, werden daraus durch die Zuglast schnell bis zu 25 Kilogramm.20

Wie sich die Smartphone-Nutzung auf unsere Rückengesundheit auswirkt, hat zum Beispiel der amerikanische Wirbelsäulenchirurg Kenneth Hansraj untersucht. Er geht davon aus, dass Menschen im Schnitt 700-1.400 Stunden jährlich auf ihr Smartphone blicken. Seine Studie zeigt, dass das zusätzliche Gewicht des Kopfes durch eine hinunter gebeugte Position eine wesentliche Belastung für die Halswirbelsäule darstellt. Das kann bei Jugendlichen sogar zur vorzeitigen Degenerationen der Wirbel und Abnutzungserscheinungen führen.21

Umso wichtiger ist es, den Rücken durch regelmäßige Bewegung gesund und fit zu halten. Wie du welche Muskelgruppen am besten trainierst, verraten wir dir hier.

Kurz gesagt

Das war unser kleiner Ausflug durch die Anatomie deines Rückens! Wir hoffen, dass du jetzt ein gutes Bild davon hast, wie dein Rücken aufgebaut ist. Dein Rücken ist ein echtes Meisterwerk der Natur – komplex, stark und unglaublich wichtig für jede Bewegung. Egal ob du schwere Dinge hebst, dich einfach nur bückst oder am Schreibtisch sitzt: Dein Rücken arbeitet ständig für dich. Achte deshalb auf ihn und pflege ihn gut.

Quellen
  1. https://aktiv-laufen.de/sand-laufen-belastung-gesund-achtung/
  2. https://www.tk.de/techniker/magazin/sport/beach-volleyball-2085946
  3. A Systematic Review of the Effects of Exercise and Physical Activity on Non-Specific Chronic Low Back Pain (Gordon R, Bloxham S. A Systematic Review of the Effects of Exercise and Physical Activity on Non-Specific Chronic Low Back Pain. Healthcare (Basel). 2016 Apr 25;4(2):22. doi: 10.3390/healthcare4020022. PMID: 27417610; PMCID: PMC4934575.
  4. Nach der Literaturrecherche von ( Jimenez-Olmedo, Jose & Penichet-Tomás, Alfonso. (2015). Injuries and pathologies in beach volleyball players: A systematic review. Journal of Human Sport and Exercise. 10. 936-948. 10.14198/jhse.2015.104.09. ) sind Unterschiede bei Verletzungen zwischen Volleyball und Beachvolleyball auf die Spielfläche und die Gesamtzahl der Spieler pro Mannschaft zurückzuführen. In den bisher veröffentlichten Studien wurde für Beachvolleyballer eine Verletzungshäufigkeit zwischen 3,9 und 4,9 Verletzungen pro 1000 Stunden festgestellt, wobei Verletzungen sowohl im Wettkampf als auch im Training auftreten. Darüber hinaus werden die meisten Verletzungen bei Abwehr- und Angriffsaktionen verursacht. Außerdem sind die Körperteile, die am häufigsten akut geschädigt werden, Knie, Knöchel und Finger, während bei Überlastung Rücken, Knie und Schulter betroffen sind.
  5. Der Vergleich (Gaudino, Paolo & Gaudino, Claudio & Alberti, Giampietro & Minetti, Alberto. (2013). Biomechanics and predicted energetics of sprinting on sand: Hints for soccer training. Journal of science and medicine in sport / Sports Medicine Australia. 16. 271-5. 10.1016/j.jsams.2012.07.003. ) zwischen den auf Sand gemessenen Werten und den auf Natur- oder Kunstrasen gemessenen Werten hat gezeigt, dass die durchschnittliche Geschwindigkeit, die Höchstgeschwindigkeit, die durchschnittliche Beschleunigung, die maximale Beschleunigung, die durchschnittliche Schrittlänge, die Richtzeit, der durchschnittliche Pmec und die Steifigkeit signifikant (p < 0,001) niedriger waren.
  6. Ding L, Luo J, Smith DM, Mackey M, Fu H, Davis M, Hu Y. Effectiveness of Warm-Up Intervention Programs to Prevent Sports Injuries among Children and Adolescents: A Systematic Review and Meta-Analysis. Int J Environ Res Public Health. 2022 May 23;19(10):6336. doi: 10.3390/ijerph19106336. PMID: 35627873; PMCID: PMC9140806.“Because all the intervention studies were in the form of warm-ups and the warm-up time was generally about 15 min, the intervention program may not include all the related exercises.“
Geschrieben von
Rehmesmee Gojowy

Rehmesmee kommt aus Berlin und brennt für gesundheitliche Themen und alles rund um Rückenschmerzen. Mit viel Herz und Kopf hat sie für euch auf Wirbel für Wirbel spannende Artikel auf Augenhöhe geschrieben, damit du deinen Rücken und deine Schmerzen besser verstehen lernst.

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