1. Wie hängen Psyche und Schmerz zusammen?
Wenn Schmerzen lange andauern oder immer wiederkehren, können sie deutliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. Dauerhafte oder wiederkehrende Schmerzen können auf lange Sicht die gesamte Lebensführung beeinträchtigen. Sowohl in der Freizeit, im Job und im Sozialleben können Schmerzen zu Veränderungen führen.
Die körperlichen Einschränkungen, die Schmerzen mit sich bringen, führen oft dazu, dass man sich weniger bewegt und sich zurückzieht. Kein Wunder, dass darunter auch die Psyche leidet. Viele Betroffene entwickeln aufgrund der anhaltenden Schmerzerkrankung depressive oder ängstliche Symptome. Auch andersherum beeinflussen Stress und Psyche den Umgang mit Schmerz und können dazu beitragen, dass Schmerzen länger anhalten. Diese Wechselwirkung zwischen körperlichen Faktoren und psychosozialen Faktoren wird auch als das bio-psycho-soziale Schmerzmodell bezeichnet.1,2
Die Psyche spielt sowohl bei der Schmerzverarbeitung als auch für den Umgang mit Schmerz eine große Rolle. Sie beeinflusst uns auf zwei Wegen:
A.) Emotionale Bewertung und vergangene Schmerzereignisse
Bei der Schmerzwahrnehmung wird das Schmerzsignal von der betroffenen Körperstelle, zum Beispiel dem unteren Rücken, über die Nervenbahnen durch das Rückenmark zum Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet. Im Gehirn kommt erstmal nur der neutrale sensorische Schmerzreiz an. Das sind Schmerzinformationen über das „Was, wo und wie”, die von den Hautzellen bis zum Gehirn weitergeleitet wurden. Diese Informationen werden von unserem Gehirn automatisch bewertet und einsortiert. Ist der Schmerz bedrohlich und gefährlich? Ist er es nicht?
Jetzt kommt die Psyche ins Spiel: Die zuvor neutrale Schmerzinformation wird nun mit einer gedanklichen und emotionalen Bewertung verknüpft. Diese Bewertungen beruhen auf Erinnerungen an frühere Schmerzen und wie diese damals wahrgenommen wurden. Das ist auch der Grund dafür, warum jeder Mensch im Laufe seines Lebens eine individuelle Schmerzwahrnehmung entwickelt.
B.) Das aktuelle Befinden
Die Schmerzwahrnehmung wird zudem vom aktuellen psychischen Befinden beeinflusst. Eine negative, depressive Stimmung verstärkt oftmals die Schmerzwahrnehmung, wohingegen eine positive Stimmung dazu führt, dass Schmerzen als weniger stark wahrgenommen werden.
Letztlich entscheidet das Gehirn je nach Bewertung und psychischem Befinden, wie mit dem Schmerz umgegangen werden soll und welches Schmerzverhalten gezeigt wird. Besteht eine ausgeprägte psychosoziale Belastung, ist der Umgang mit Schmerz oftmals erschwert. Depressive Gefühle, Ängste und Hilflosigkeit treten verstärkt auf und halten die Betroffenen davon ab, hilfreiche Schmerzbewältigungsstrategien anzuwenden. Häufig kommt es zu weniger hilfreichen Verhaltensweisen wie:
- Schonverhalten,
- Katastrophisieren der körperlichen Beschwerden, was bedeutet, dass Betroffene in Bezug auf die Schmerzen das Schlimmste befürchten und sich sehr starke Sorgen machen,
- körperliche Inaktivität,
- sozialer Rückzug und
- häufige Krankschreibungen.3,4
Da bei Schmerz also nicht nur körperliche Faktoren, sondern auch andere Faktoren wie die Schmerzwahrnehmung und bio-psycho-soziale Faktoren eine große Rolle spielen, wird zur Behandlung von anhaltenden oder wiederkehrenden Schmerzen die sogenannte Multimodale Schmerztherapie empfohlen. Das Therapieprogramm folgt einem ganzheitlichen Ansatz. Der Schmerz wird sowohl von ärztlicher, bewegungstherapeutischer, als auch psychologischer Seite behandelt. Die verschiedenen Berufsgruppen arbeiten dabei Hand in Hand.5,6
Immer wieder der selbe Lehrbuch Unfug, der mir der Realität von Schmerzpatienten nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun hat. Es gibt KEINEN Umgang, geschweige denn ein Leben mit Schmerzen. Genau so wenig wie man mit Rauchmelder schlafen kann.
Immer der selbe Bullshit. Es geht einzig und allein mit Übungen die neuroplastischen Schmerzen zu HEILEN.
Und kommt mir nicht mit irgendeinem Pseudoverständnis ums Eck. Erstmal selbst durch die Hölle gehen, als irgendwas aus dem Lehrbuch nachzuplappern.
LG
Eines langjährigen Schmerzpatienten, dem sein Leben dadurch die Hölle ist.
Hallo,
danke für Ihren Kommentar und das ehrliche Feedback. Der Beitrag wurde von einer Psychologin verfasst, die hauptsächlich auf den Zusammenhang von Psyche und Schmerz bzw. Psyche und Rückenschmerzen aufklären möchte. Hier geht es darum, ein Verständnis für das komplexe Zusammenspiel zwischen Körper und Geist zu erlangen. Wir können nachvollziehen, dass wir mit der eher sachlichen Erläuterung die Lebensrealität von Schmerzpatient:innen nicht ausreichend berücksichtigt haben. Unsere digitale Therapie, Kaia Rückenschmerzen, richtet sich hauptsächlich an Menschen mit nicht-spezifischen akuten, sub-akuten und wiederkehrenden Schmerzen, daher haben wir kaum die Möglichkeit, mit chronischen Schmerzpatient:innen zu sprechen. Danke für Ihre Perspektive. Ihr Feedback nehmen wir auch als Anstoß, uns auf dem Blog mit dem Thema Neuroplastizität und Schmerz zu beschäftigten.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Wirbel für Wirbel Team
Ich möchte mich der Meinung von Domi anschließen und möchte sogar noch weitergehen: Als Chronischer Schmerzpatient wird man jahrelang von Arzt zu Arzt geschickt und durch die vielen diagnostischen Verfahren noch mehr in Angst versetzt und somit wird die Schmerz-Angst-Spirale am Laufen gehalten. Die meisten Ärzte können sich für ihre Patienten keine Zeit nehmen und finden somit auch niemals heraus, worum es eigentlich geht. Obwohl es mittlerweile als gesichert gilt, dass das Gehirn und auch das gesamte Nervensystem eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Chronischen Schmerzen spielt, wird hierzulande von der Ärzteschaft und auch den Psychotherapeuten immer noch im Nebel gestochert. Es werden leichtsinnig Medikamente verschrieben, die zu Abhängigkeit und Organschäden führen, es werden sinnlose Operationen durchgeführt, die dann oft zu noch mehr Schmerzen führen oder es wird dann einfach gesagt, es sei psychisch und der Patient wird dann „im Regen stehengelassen“ oder mit Tipps abgespeist in Richtung mehr Bewegung, sich mit der Situation abfinden lernen oder entspannen …